DigitalEurope: Reform der Vergütungspauschale für Urheber ist überfällig
Streaming-Dienste dominieren heute die Art und Weise, wie Nutzer urheberrechtlich geschützte Werke konsumieren, meint DigitalEurope und fordert Konsequenzen.
Der europäische Dachverband der IT-Branche, DigitalEurope, "feiert" 60 Jahre pauschale Urheberrechtsvergütung in der EU mit dem Vorschlag, die "Altlast" endlich weitgehend abzuschaffen. "Ursprünglich wurden Urheberrechtsabgaben auf Leermedien wie Kassetten eingeführt, um Künstler für private Kopien zu entschädigen", schreibt die Vereinigung in einem jetzt veröffentlichten Positionspapier. "Mittlerweile sind sie zu einem komplexen und veralteten System geworden, das auf die meisten elektronischen Geräte angewendet wird. Sie behindern den Binnenmarkt und belasten Verbraucher unfair. Obwohl eine faire Vergütung der Urheber und ein florierender Kultursektor unerlässlich sind, ist das derzeitige Abgabensystem ineffektiv und bedarf dringend einer tiefgreifenden Reform."
Die überaus unterschiedlichen nationalen Systeme in der EU erschwerten den "grenzüberschreitenden Handel", schreibt DigitalEurope. Sie verzerrten Preise und die rasche Verfügbarkeit von Werken. Nicht zuletzt verursachten sie einen enormen Verwaltungsaufwand für betroffene Unternehmen. Der Versuch, die Abgaben auf Cloud-Dienste, generalüberholte Produkte und Offline-Downloads von Streaming-Diensten auszuweiten, verschlimmere das Problem nur noch mehr. Angesichts des drastischen Rückgangs privater Kopien sei es von entscheidender Bedeutung, auf alternative Modelle umzusteigen. Diese müssten "den Verbrauchern, der digitalen Transformation Europas und den Rechteinhabern gleichermaßen zugute kommen".
Direktlizenzierung mit Blockchain als Ersatzmodell
Der Musikmarkt wachse Jahr für Jahr vor allem aufgrund der Zunahme kostenpflichtiger Streaming-Abos, führen die Verfasser aus. Obwohl Privatkopien damit quasi irrelevant würden, "zahlen europäische Verbraucher für immer mehr Geräte immer höhere Urheberrechtsabgaben". Dies führe zu einer massiven Doppelbelastung. Als Alternative bringt der Verband etwa ins Spiel, dass nach dem Vorbild Finnlands die gerätebasierte Pauschale durch einen staatlichen Fonds ersetzt werden könnte, "der von einem Beirat verwaltet wird und so eine faire Entschädigung bei reduzierten Verwaltungskosten gewährleistet".
Infrage kommen dem Zusammenschluss zufolge auch direkte Zahlungen pro Kopie – "unterstützt durch Blockchain-Technologie für Transparenz und Verringerung der unbefugten Nutzung". Denkbar wäre zudem ein Kulturbeitrag für Haushalte oder die Erhebung einer Gebühr für kulturelle Werke am Verkaufsort. Entscheidend sei, dass neue Modelle "technologieneutral sind, Marktverzerrungen vermeiden und den Verwaltungsaufwand verringern". Man trage gern zum Finden einer Langzeitlösung bei, die zum digitalen Zeitalter passe. Laut Schätzungen des Digitalverbands Bitkom zahlen IT-Unternehmen seit 2014 jährlich rund 70 Millionen Euro für die Abgabe. Die Lobby-Organisation plädierte bereits dafür, mithilfe von Systemen zum Digital Rights Management (DRM) auf individuelle Vergütungen für Urheber umzustellen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
(nen)