Digitales Bargeld: Schweizer Parlament soll Verwendung von GNU Taler prüfen

Die EZB kreißt noch, um vielleicht einen digitalen Euro zu gebären. In der Schweiz will nun ein Parlamentarier die Einführung des GNU Taler pushen.

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(Bild: Patrick Daxenbichler/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Mit einer Initiative im Schweizer Parlament will Jörg Mäder, grünliberales Mitglied der Bundesversammlung, GNU Taler als digitales Bargeld in der Schweiz voranbringen. Laut Mäder bietet das an der FH Bern entwickelte System die Anonymität klassischen Bargelds für Online-Bezahlvorgänge und könnte rasch eingeführt werden.

Technologisch sei die quelloffene Entwicklung Taler bereits ausgereift und könnte ohne große Probleme eingeführt werden, versicherte Mäder gegenüber dem Portal Watson. Bislang fehle lediglich der politische Wille, so Mäder. Die Schweizer Nationalbank hatte GNU Taler dabei bereits unter die Lupe genommen und als technisch gute Lösung beurteilt. Mit weiteren 20 Zentralbanken hat das Talerteam laut Taler-Chefentwickler Christian Grothoff bereits Gespräche geführt.

Taler setzt auf Vorschläge von Digicash-Entwickler David Chaum auf und erlaubt das Beziehen von digitalen Münzen über ein eigenes Konto, wobei die von der lokalen Taler-Software kreierten Werteinheiten in verschlüsselter Form an die Bank geschickt und dort blind signiert werden. Dadurch können die bezogenen Digitalmünzen dem Käufer beim Bezahlen nicht zugeordnet werden. Bezahlvorgänge im Netz bleiben so anonym. Seine Identität preisgeben muss lediglich der Händler, dem die Taler wiederum auf seinem Konto gutgeschrieben werden sollen.

In Fragen anonymes Bezahlen variieren die Aussagen von Politikern und Zentralbankmanagern. Manchen gelten die Überwachungsmöglichkeiten als Vorzug digitalen Geldes. Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande hingegen haben sich in einem nicht bindenden Diskussionspapier für weitgehende Anonymität bei einem digitalen Euro ausgesprochen. Die EZB will bis zum kommenden Jahr darüber entscheiden, ob und wie ein digitaler Euro erzeugt wird. Besorgt über die aktuellen Überlegungen der EZB zum digitalen Euro sind dabei deutsche Geschäftsbanken, die befürchten, das Bankkundengeschäft durch eine mögliche Abwanderung zu digitalem Zentralbankgeld zu verlieren.

Die FOSS-Entwicklung Taler gibt sich da wesentlich konservativer, erlaubt den Bezug von Talern über nationale Zentralbanken ebenso wie die eigene Hausbank und geht in eigenen Vorschlägen immer von gedeckelten "Abhebevorgängen" – übrigens in der jeweils eigenen Währung – aus.

Mäder, der nach eigenen Angaben neben seiner politischen Tätigkeit selbst als Softwareentwickler arbeitet, hat sich für den Vorstoß in der Schweiz der Unterstützung aller im großen, im Bundesrat vertretenen Fraktionen, also der Sozialdemokraten (SP), der Mitte-Partei, der Liberalen (FDP) und der rechtsgerichteten Schweizer Volkspartei (SVP) versichert.

Nun muss der Bundesrat entscheiden, ob er das "Postulat" – wie die Initiative laut schweizerischem Recht heißt – annimmt. Bei einem positiven Bescheid würden die zuständigen Behörden in der Schweiz den Auftrag erhalten, die notwendigen rechtlichen Grundlagen für ein anonymes, elektronisches Bezahlsystem auf der Basis von GNU Taler vorzubereiten.

Taler-Entwickler Grothoff begrüßte den parlamentarischen Vorstoß. Es sei auch ein Signal, wie ein Prozess aussehen sollte, wenn in einer Demokratie so zentrale Entscheidungen wie die Wahl eines offiziellen digitalen Bezahlsystems getroffen werden. Die Aktionen der EZB zum digitalen Euro bezeichnete Grothoff als bislang noch nicht wirklich demokratisch legitimiert. Würden sich weitere Länder in Europa für ein datenschutzfreundliches, quelloffenes Bezahlsystem entscheiden, sei auch denkbar, dass man die EZB noch von Konzepten abbringen könne, die absolute Kontrolle über die Bürger der Union erlauben könnten.

(axk)