Digitalisierung: Museen sind bereit zu teilen
Die Digitalisierung musealer Bestände ermöglicht den weltweiten Zugang zu großen Werken und schützt sie vor der Auslöschung wie beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs. Finanzierung und rechtliche Fragen stellen die Betreiber jedoch vor neue Aufgaben.
Unter dem Motto "Bereit zu teilen?" diskutierten Experten bei einem vom Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften ausgerichteten Fachgespräch die Möglichkeit des virtuellen Teilens von Kulturgütern und die Strukturen, die ihnen dabei im Weg stehen. Einigkeit bestand bei den Beteiligten darüber, dass Kunstwerke und historische Dokumente umfassend im Netz verfügbar sein sollen. Dafür spräche schon der Schutz vor Zerstörung. So wies es die Vizepräsidentin der Uni Mainz, Mechthild Dreyer, darauf hin, dass viele Schätze des 2009 eingestürzten Stadtarchivs Köln unwiederbringlich verloren sind: "Wir hätten sie noch, wenn sie rechtzeitig digitalisiert worden wären". Das digitalisierte Kulturerbe sei auch die Grundlage für Neuschöpfungen, sagt die Geschäftsführerin der Deutschen Digitalen Bibliothek, Ellen Euler.
Angst vor einem Besucherrückgang bestünde bei der digitalen Bereitstellung nicht: "So interessant und nützlich die digitalen Angebote auch sind, so faszinierend ist doch das Original", sagte Chantal Eschenfelder vom Städel-Museum in Frankfurt am Main. Das Museum beschäftigt sich seit seinem 200-jährigen Bestehen 2015 verstärkt mit digitalen Möglichkeiten zur Kunstvermittlung und bietet online etwa eine digitale Sammlung sowie eine App für die VR-Brille Gear VR, für Rundgänge im historischen Städel. In Frankfurt könne man keinen Besucherrückgang feststellen, sondern eher einen Zuwachs des Interesses. Und wenn das Museum Zuschriften etwa aus Kiew erhalte, mache dies deutlich, dass das Museum jetzt Menschen anspreche, die mit dem analogem Vor-Ort-Programm sonst kaum erreicht worden wären.
Open Access und rechtliche HĂĽrden
Dieses Ziel verfolgt auch das Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven, das in Zusammenarbeit mit Google das ganze Museum digitalisierte. So können es Interessierte auch via StreetView besuchen und sich zudem in virtuellen Ausstellungen informieren. Ursula Warnke, Museumsdirektorin des Schifffahrtsmuseums, sieht die Museen allerdings auch in der Pflicht, Strategien zu entwickeln, um den Anforderungen zu entsprechen, die eigene Forschung sichtbarer zu machen und dabei den Forderungen nach frei verfügbaren Daten und freiem Zugang zu Forschungsergebnissen gerecht zu werden.
Dabei gebe es allerdings noch etliche HĂĽrden, kritisiert der Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, Alfried Wieczorek. Es fehle an finanziellen Mitteln, um die Digitalisierung voranzutreiben und
auch eine "anständige rechtliche Grundlage" dafür. Zumindest für die kommerzielle Nutzung sollten Museen für die Werke in ihrem eigenen Bestand weiterhin Rechte beanspruchen. Die Entwicklung dürfe nicht von Großunternehmen bestimmt werden. "Das Museum arbeitet für die Gesellschaft und nicht für eine Gesellschaft wie Google."
(jul)