Digitalpakt 2.0: Einigkeit ohne Verbindlichkeit
Kurz bevor die Rest-Ampelregierung nur noch geschäftsführend amtiert, haben sich Bund und Länder grundsätzlich auf eine Weiterführung des Digitalpakts geeinigt.
Kurz bevor die Rest-Ampelregierung nur noch geschäftsführend im Amt ist, haben sich Bund und Länder grundsätzlich auf eine Weiterführung des Digitalpakts geeinigt. Wann der kommt, bleibt aber offen. Der seit dem Ausscheiden der FDP aus der Bundesregierung auch als Bundesbildungsminister tätige Cem Özdemir (Grüne) nennt die Vereinbarung am Morgen in der Bundespressekonferenz einen "Durchbruch". Der sei ein Ziel für seine – absehbar kurze – Amtszeit gewesen. Zuvor hatten jahrelange Verhandlungen unter seiner Vorgängerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) kein Ergebnis erzielt.
Es sei allen Beteiligten um die Sache gegangen, das Wohl der Schülerinnen und Schüler, so Özdemir. Mit der gemeinsamen Erklärung sei die Grundlage geschaffen, dass eine Folgeregierung unverzüglich für Planungssicherheit sorgen könnte. 2,25 Milliarden Euro will der Bund für Infrastrukturen zur Verfügung stellen, 500 Millionen weitere Euro sollen die Bundesländer zusätzlich zu bereits geplanten zwei Milliarden Euro investieren.
Neue Lehr- und Lernkonzepte im Fokus
Der neue Digitalpakt 2.0 werde neben digitaler Infrastrukturen und Endgeräten auch neue Lehr- und Lernkonzepte ins Zentrum stellen, so Özdemir. Das allerdings ist originäre Länderzuständigkeit. Als dritter Strang soll eine Initiative für Qualitätsentwicklung in der digitalen Lehrkräftebildung mit entsprechender Forschung begleitet werden – 250 Millionen Euro will der Bund dafür zur Verfügung stellen. Somit würden am Ende 5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen – und zwar von 2025 bis 2030.
Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) begrüßt in Berlin für CDU und CSU-Länder die gemeinsame Absichtserklärung: "Wir sind uns sehr einig darüber, dass die Vereinbarung fast existenzielle Bedeutung für unser Land hat." Es gehe gleichermaßen um die Überlebensfähigkeit der liberalen Demokratie und die wirtschaftliche Zukunft. Zugleich bedauerte sie die entstandenen Verzögerungen. "Wir haben im Grunde eine Legislatur verloren", sagte Prien. Bis Anträge im Rahmen der beabsichtigten Verlängerung tatsächlich gestellt werden könnten, würde wahrscheinlich das Jahr 2025 verstreichen.
Dieser Freitag der 13. bringe ein klares Bekenntnis zu weiterem Engagement für Bildungsdigitalisierung, auch zur gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen, sagt Stefanie Hubig, Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz, die für die SPD-geführten Länder verhandelt hatte. Sie sei froh, dass die Hängepartie beim Digitalpakt beendet würde. Es gehe in den Schulen längst nicht mehr um die Frage, ob Schulen überhaupt digitalisieren und sich mit den Themen und der Lehrintegration beschäftigen sollten, sondern um das Wie. "Wir brauchen neue Geräte, wir brauchen modernere Geräte", so Hubig. Aber die Fortbildung und das Know-How der Lehrkräfte sei ein weiteres, dringendes Thema, das in den kommenden Jahren adressiert werden müsste, genau wie das Thema Social-Media-Kompetenz, auch außerhalb der Schulen.
Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Bildungsministerin im Saarland Christine Streichert-Clivot (SPD) sieht den Digitalpakt als dringend nötig an – mit Veränderungen. Bei der Digitalpakt-Fortführung gehe es auch darum, Menschen für die digitale Welt mit Künstlicher Intelligenz fit zu machen und dabei nicht nur die Anwenderkompetenz zu stärken. Die Dynamik der Digitalisierung sei auch für die Lehrkräfte eine Herausforderung: "Unsere Lehrerinnen und Lehrer müssen in der wirksamen Anwendung begleitet werden."
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Beide Seiten hätten sich aufeinander zubewegt, so dass am Ende ein einstimmiger Beschluss in der Kultusministerkonferenz möglich gewesen wäre. Nun werde eine Verwaltungsvereinbarung entworfen, um die jetzt vorgestellte Vereinbarung verbindlich auszugestalten. "Wer jetzt beginnt, darf sich darauf verlassen, dass wir eine förder-unschädliche Vereinbarung getroffen haben", sagt Streichert-Clivot. Das würde bedeuten, dass Schulträger, in der Regel Kommunen, nun konkrete Beschaffungen einleiten könnten.
Allerdings verbleibt dabei ein Restrisiko: Sollte sich eine künftige Bundesregierung inhaltlich doch anders positionieren wollen, würden die Vorhaben zumindest bundesseitig nicht gegenfinanziert – denn darüber kann erst eine kommende Regierung befinden, da die jetzige keinen Bundeshaushalt mehr verabschieden wird. Allerdings, so Bundesbildungsminister Özdemir, habe der amtierende Finanzminister Jörg Kukies (SPD) Zustimmung zu der jetzt getroffenen Einigung signalisiert. Wie viel Geld wann zur Verfügung stehen wird, ist vorerst ebenfalls noch offen.
Kritik an Ex-Ministerin
"Das wäre auch der Job der vorherigen Hausleitung gewesen", tadelt die Unions-Koordinatorin und schleswig-holsteinische Ministerin Karin Prien die frühere Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) in deutlichen Worten. Sie forderte eine dauerhafte und zuverlässige, gemeinsame Verpflichtung zur Digitalisierung des Bildungswesens: "Das Volumen der Beteiligung des Bundes bleibt weit hinter dem zurück, was die Ampel ursprünglich beabsichtigt hatte und was die Länder auch für angemessen betrachten."
(mho)