Domain-Vorratsdatenspeicherung: Extrawurst für Registrare
In der Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung von Domain-Daten will die ICANN für europäische Registrare einen Kompromiss vorschlagen.
Im Streit über eine Vorratsdatenspeicherung und verschärfte Bestimmungen zur Verifikation von Domaininhaber-(Whois-)Daten will die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) einen Kompromiss vorschlagen. Das sagte Margie Milam, die im Namen der ICANN mit Strafverfolgern und Registraren verhandelt (PDF Datei), am vergangenen Wochenende auf dem 45. ICANN-Treffen in Toronto. Für europäische Registrare soll es eine Ausnahmeregelung für die Vorratsdatenspeicherung geben. Milam verteidigte aber die bisherigen Vorschläge zur Domaindatenspeicherung in den neuen Registrarverträgen: Die in der ICANN vertretenen Regierungen hätten diesen im Grundsatz zugestimmt. US-Registrare warnten angesichts der Extrawurst für ihre EU-Kollegen bereits vor möglichen Wettbewerbsvorteilen.
Seit mehreren Jahren haben vor allem anglo-amerikanische Strafverfolgungsbehörden Druck auf die Domainregistrare ausgeübt, damit diese schärferen Bestimmungen zu den Whois-Daten in ihren Verträgen mit der privaten Netzverwaltung ICANN zustimmen. Die im Jahr 2012 auf Initiative des FBI nachgeschobene Vorratsdatenspeicherung soll Domainanbieter weltweit verpflichten, die Informationen über Domaininhaber dauerhaft und bis zu zwei Jahre nach Vertragsende mit einem Domainkunden aufzubewahren. Die vorgeschlagene Vorratsdatenspeicherung soll sich aber nicht auf Personendaten, die für den Whois-Eintrag erfasst werden, beschränken. Vielmehr sollen auch Telefonnummern, Emailadressen und Kreditkartendaten, sowie Kennungen von Kommunikationsdiensten, etwa Skypenamen, Quell- und Ziel-IP-Adressen der Kommunikation zwischen Registrar und Kunde und HTTP-Header gespeichert werden. Für eine solche Datensammelei gebe es aber weder einen legitimen Zweck noch eine Rechtsgrundlage, unterstreichen die Datenschützer.
"Die Positionen müssen noch überprüft werden", sagte Milam angesichts des Widerspruchs zwischen den Stellungnahmen des ICANN-Regierungsbeirats (GAC) einerseits und dem Brief der Artikel-29-Datenschutzgruppe. Der neue Geschäftsführer der ICANN, Fadi Chehadé hatte in einem Antwortbrief an die Artikel-29-Datenschutzgruppe bereits darauf hingewiesen, dass der Regierungsbeirat "die Anforderungen von Strafverfolgungsbehörden aus aller Welt, einschließlich der EU, an das Whois und eine Vorratsdatenspeicherung, befürwortet hat". Der Regierungsbeirat habe auf Nachfragen auf dem ICANN-Treffen in Prag auch wissen lassen, dass er in besonderem Maße über die Kompetenz zu offiziellen Stellungnahmen gegenüber dem ICANN-Vorstand verfüge, da er Datenschutz- und Strafverfolgerinteressen ausbalanciere.
US-Professor und ICANN-Experte Milton Mueller kritisierte hingegen, dass die Regierungen im GAC Strafverfolger und Datenschutz nicht in gleicher Weise repräsentieren. Das mache schon allein der Umstand deutlich, dass Strafverfolger auf den ICANN-Treffen – wie nun auch in Toronto – massiv vertreten sind, Datenschützer dagegen fehlten. (anw)