Dooyoo sagt Ciao zu 15 Prozent der Belegschaft

Das Berliner Verbraucherportal setzt das Messer an, um die Börseneiszeit zu überleben - 25 Köpfe rollen.

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Dicke Luft herrscht in der Fabriketage des Berliner Verbraucherportals Dooyoo in Berlin-Friedrichshain, das bisher vor allem durch einen Kickertisch, eine schrille Couch-Garnitur im "Sozialraum" sowie einen gut gefüllten Kühlschrank in der Gemeinschaftsküche Medienberichte auf sich zog. Denn seit gestern heißt es "Schluss mit lustig". Obwohl ein Großteil der Gründer des Startups aus dem Rheinland kommt und daher eigentlich Karneval hätte feiern sollen, musste der Vorstand am gestrigen Dienstag den Mitarbeitern schlechte Nachrichten verkünden: Nach Gesprächen mit den Altinvestoren und dem neuen Aufsichtsratmitglied und künftigen Opel-Chef Carl-Peter Forster haben sich die Manager des Startups entschlossen, sich von 25 Mitarbeitern in Berlin und anderen europäischen Büros der Firma zu trennen. Das entspricht rund 15 Prozent der Belegschaft.

Bereits im Januar hatte die Entlassung von drei Mitarbeitern, die ihr "Planziel" nicht erfüllt hatten, für Unmut bei Dooyoo geführt. Die bereits damals befürchtete Kündigungswelle konnte das Vorstandsteam nun nicht mehr länger hinausziehen: Die 20 Millionen Euro Wagniskapital, die sich die "Entscheidungsplattform für Verbraucher" im Frühsommer noch hatte sichern können, sind so gut wie weg, Gewinne frühestens Ende des Jahres in Sicht. Gespart wird nach einer teuren Werbekampagne im vergangenen Frühjahr und der Expansion in fünf europäische Länder zwar seit Sommer an allen Ecken und Enden, doch ohne die neuen Entlassungen wäre das Unternehmen nicht zu retten gewesen, meinte Vorstandschef Felix Frohn-Bernau.

Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen und Zielvereinbarungen – sonst eher aus dem öffentlichen Dienst bekannt – bestimmen bereits seit längerem das Startup-Leben bei Dooyoo. Seit Mai sorgt der ehemalige McKinsey-Berater René Griemens als Kassenwart auf Vorstandsebene für den Sparkurs. Zur Seite steht dem 33-Jährigen seit kurzem der Controller Marcus Piepenschneider, der von einer IBM-Tochter zu Dooyoo wechselte. Der Zahlenfuchser brütet nun über der ins Unternehmen zurückgeholten Buchhaltung und sitzt ebenfalls im Vorstand. Drei Gründer mussten ihre Posten im Vorstand der Firma dagegen inzwischen räumen, da auch der bisherige E-Commerce-Chef Stefan Smalla als Produktverantwortlicher nach oben rückt.

Im vergangenen Jahr hat das vormals rund 160 Mitarbeiter beschäftigende Startup mit Werbung, Marktforschung und E-Commerce nur rund fünf Millionen Mark Umsatz generiert. Es hängt daher weiter am Tropf fremder Investoren, die eine dritte Kapitalspritze nur unter Bedingungen gewähren wollen. Der Abschluss der dritten Finanzierungsrunde steht laut Dooyoo-Sprecherin Daphne Rauch nun allerdings kurz bevor. Auch sei die Schließung von Auslandsniederlassungen nicht geplant. Der "einmalige Schnitt" ist ihrer Ansicht nach besser als ein schleppender Prozess, bei dem die Mitarbeiter ständig vor weiteren Entlassungen Angst haben müssten. Für die jetzt Betroffenen wolle Dooyoo den Zwangsabschied so verträglich wie möglich gestalten. Bis Ende März werde auf jeden Fall das volle Gehalt gezahlt. Außerdem gebe es eine Abfindung.

Die plötzliche "Betriebsverschlankung" wirft trotzdem erneut die Frage auf, inwieweit auch Startups eine organisierte Mitarbeitervertretung brauchen. Dooyoo-Chef Frohn-Bernau gilt bezeichnenderweise als ausgesprochener Gegner von Gewerkschaften in der New Economy. In einem Gespräch im Herbst hatte er Ursula Engelen-Kefer, der Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), unmissverständlich klar gemacht, dass Betriebsräte bei Dot.Coms fehl am Platz seien. Konflikten sei in kleinen, wenig hierarchischen Unternehmen in direkten Gesprächen zwischen Führung und Mitarbeitschaft besser beizukommen.

Beim Hauptkonkurrenten von Dooyoo, dem Verbraucherportal Ciao.com, sind keine Entlassungen geplant. "Mit rund 80 festen Mitarbeitern sind wir generell schlanker aufgestellt als Dooyoo", sagt Cornelius Rost, Marketingchef der Münchner. Gegen eine Verschmelzung von Dooyoo und Ciao, um die sich angesichts der schlechten Marktsituation immer wieder Gerüchte ranken, wehren sich derweil beide Führungsteams. "Das passt einfach nicht", glaubt Rost. Auch Frohn-Bernau läßt keinen Zweifel daran, dass er das Geschäft mit den Meinungen lieber allein zur Reife bringen will. (Stefan Krempl) / (jk)