Dubiose Online-Universitäten florieren

Etwa 300 dubiose "degree mills" verkaufen für viel Geld im Internet gefälschte akademische Titel.

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Von
  • Tilman Streif
  • dpa

Zu Hause studieren! Im eigenen Wohnzimmer eine Vorlesung hören! Per Online-Studium einen hohen akademischen Grad erwerben! Mit solchen Angeboten warb die Columbia State University aus Metairie im US-Bundesstaat Louisiana für ihren Service. Es gab allerdings einen Haken: Die Columbia State University gehörte zum ständig wachsenden Club der so genannten degree mills – der Diplom- Fabriken, die für viel Geld wertlose Titel verkaufen.

Etwa 300 solcher Anbieter treiben zur Zeit weltweit ihr Unwesen, sagt der amerikanische Autor John Bear. Er half jahrelang der amerikanischen Bundespolizei FBI bei der Entlarvung von degree mills. Diese groß angelegten Ermittlungen führten in den 90er Jahren zu einem Rückgang des internationalen Betrugs mit gefälschten Titeln. Aber der aktuelle Trend zur Online-Ausbildung, die vor allem in den USA von vielen absolut seriösen Hochschulen angeboten wird, lockt nun immer mehr schwarze Schafe an. Doktortitel im Sonderangebot sind nach Bears Erfahrungen keine Seltenheit mehr.

Auf das Angebot der Columbia State University, die inzwischen schließen musste, fiel auch Buchhalter Bill Johnson aus North Carolina herein. "Sie haben mir Bücher und Prüfungsformulare geschickt; alles sah völlig echt aus", sagt Johnson, der insgesamt 5000 Dollar (5850 Euro/11 440 Mark) für sein dreijähriges Betriebswirtschafts-Studium bezahlte und dann ein verdächtig aussehendes Diplom erhielt. Er alarmierte die Behörden, und Ermittler deckten einen großen Betrug auf: "Es gab überhaupt keine Universität, keine Gebäude, keinen Campus - nur ein Postfach", sagt Louisianas Oberstaatsanwalt Richard Ieyoub.

In den USA tummeln sich dubiose Institutionen wie die Columbia State University besonders gerne, denn dort machen ihnen verwirrende Gesetze die Arbeit leicht. Über die Zulassung von weiterführenden Schulen und Universitäten entscheiden die einzelnen Bundesstaaten nach oft lockeren Regeln. Und selbst diese können geschickte Betreiber von degree mills umgehen. Im Bundesstaat Idaho etwa ist das Canyon College ansässig. Dieser Betrieb ist in Idaho nicht als Bildungsinstitution zugelassen, kann aber völlig legal dort arbeiten, so lange keine Diplome an Bürger des Staates Idaho verkauft werden.

John Bear hat die Entlarvung der Online-Betrüger auch deshalb zu seiner Lebensaufgabe gemacht, weil die degree mills seiner Meinung nach einer guten Idee einen schlechten Ruf verleihen. Das virtuelle Lernen sei eine geniale Methode, glaubt Bear, denn via Computer hätten immer mehr Menschen Zugang zu hochwertigem Ausbildungsmaterial. Er selbst veröffentlicht einen Führer mit Empfehlungen für die besten Online-Kurse.

Die Titel-Dealer leben längst nicht alle in den USA, sie verstecken sich auch gerne weit weg vom Wohnort ihrer besten Kunden. Bear ist zur Zeit besonders empört über eine Firma, die akademische Titel seriöser Universitäten anbietet. Diese "Glencullen University" habe ihren Sitz in England und Irland, sei aber international organisiert, betont Bear: Die Werbung werde in Rumänien gemacht, die gefälschten Diplome kämen aus Israel und die Geschäftszentrale sei auf Zypern. (Tilman Streif, dpa) / ()