Dwarf 3: Smartes Teleskop für die Astrofotografie

Das Dwarf 3 ist ein smartes Teleskop und verspricht, die Astrofotografie zu vereinfachen.

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Dwarf 3 Teleskop vor Testaufnahme des Horsehead-Nebels

(Bild: Carsten Wartmann, Dwarflabs)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Carsten Wartmann
Inhaltsverzeichnis

Das Dwarf 3 ist ein smartes Teleskop der neuesten Generation und verspricht Astrofotografie (Sonne, Mond, Kometen, Sterne, Nebel und Galaxien) für die Massen. Die Konkurrenz hat es vorgemacht, teils sogar günstiger, es sind aber auch Systeme für den zehnfachen Preis erhältlich, die sich "Smarte Teleskope" nennen.

Dwarflab ist keine ganz unbekannte Firma mehr, mit dem Vorgänger Dwarf 2 wurden die ersten Erfahrungen gesammelt und die Feedbacks der Benutzer in den Nachfolger übernommen. Auch Anregungen aus Konkurrenzprodukten wurden implementiert, etwa der Mosaik-Modus. Seit die ersten Exemplare Anfang 2024 an YouTuber verteilt wurden, hat sich auf Soft- und Hardwareseite eine Menge getan.

Direkt beim Hersteller Dwarflab bekommt man das Gerät für etwa 565 Euro (inkl. Steuern/Versand). Vorbesteller haben etwa 5 bis 6 Monate auf ihr Gerät gewartet. Sobald die Produktion komplett angelaufen ist, wird es auch in den einschlägigen Teleskop- und Foto-Shops erscheinen.

Mitgeliefertes Zubehör.

(Bild: Dwarflabs)

Verbaut sind zwei Kameras: Tele und Weitwinkel. Die Brennweite der Telekamera beträgt 150 Millimeter (entspr. 740 mm äquivalent Kleinbild) bei 35 mm Öffnung. Die Weitwinkelkamera (Brennweite 3,4 mm, etwa 45 mm KB) etwa für Kometen oder Milchstraßenaufnahmen macht auch tagsüber viel Spaß: Das Teleskop kann markierte Objekte, seien es Vögel, Autos oder Flugzeuge, automatisch verfolgen und davon Videos aufnehmen. Zeitraffer und Tele-Panorama-Aufnahmen (Dwarflab arbeitet wohl an Weitwinkel-Panoramen) sind ebenso möglich.

Was den Hobby-Astronomen beim Dwarf 3 aufhorchen lässt, sind der verwendete Kamerachip (Sony IMX678 STARVIS 2, 8,3 MP) und der Umstand, dass man das Gerät auch im EQ-Mode betreiben kann, was die Bildfelddrehung eliminiert.

Mit der natürlich auch möglichen Alt-Az-Montierung (drehen und kippen) ist das Dwarf 3 blitzschnell aufgestellt und bereit. Man kann das Dwarf 3 einfach auf einen Tisch stellen oder ein normales Fotostativ benutzen. Mit 1,3 kg inkl. 10.000 mAh Akku ist es ein gutes Reiseteleskop. Wenn es nicht zu kalt ist, ermöglicht der Akku etwa sechs Stunden Betrieb. Über den USB-C-Anschluss kann man mobil mit einer Powerbank das Teleskop versorgen. Dabei sitzt der Anschluss in der Basisplatte des Geräts, die im Betrieb stationär bleibt, was Kabelsalat verhindert. Im Garten kann natürlich auch ein Netzteil verwendet werden. Die beiden motorisierten Achsen sind übrigens mit Rutschkupplungen gegen äußere Einwirkungen geschützt, dies verhindert Beschädigungen an den Antrieben durch Unfälle oder neugierige Menschen. Zudem kann das Teleskop auch ohne Strom in eine sichere Stellung gebracht werden.

Nimmt man sich zehn Minuten mehr Zeit und folgt den Anweisungen der App beim Einrichten, kann man im EQ-Mode noch lichtschwächere Objekte fotografieren. Dwarflabs empfiehlt bei Belichtungszeiten über 15 s den EQ-Mode. Hierbei wird eine Rotationsachse des Teleskops entlang der Erdachse ausgerichtet. In der Nordhalbkugel nach Norden. Damit muss diese Teleskopachse nur noch eine konstante Drehung von 360° pro (grob) 24 Stunden ausführen. Dies bedingt auch, dass die Bildfeldrotation bei langen Belichtungszeiten oder gar an verschiedenen Tagen immer gleich bleibt.

Drei eingebaute und per App umschaltbare Filter unterstützen die Aufnahme. Erstens ein Tageslichtfilter für natürliche Farben am Tage, der Infrarot- und UV-Licht abblockt. Dann ein Astrofilter, der vornehmlich das Licht der Sterne, inkl. Infrarot, durchlässt und künstliche Lichtquellen abschwächt. Als Dritten im Bunde gibt es noch den Nebel-Filter, nicht für die Küste, sondern für Reflexionsnebel im All. Zwei schmale Wellenlängenbereiche (Hα 656,3 nm und OIII 500,7 nm), die die Haupt"farben" der Nebel durchlassen und im Bild erstrahlen lassen. Dazu gibt es noch einen magnetisch gehaltenen Sonnenfilter für Tele- und Weitwinkelkamera, der auch als Lichtblocker für Dark-Frames benutzt wird (s. u.).

Der Stack aus den Einzelbildern ergibt ein wesentlich detailreicheres und schärferes Bild.

Mond und Sonne nimmt man übrigens besser nicht im Astromode auf (das geht auch, ist aber nicht so schnell bereit). Es gibt spezielle Tracking-Modes im normalen Foto- und Videomode, die blitzschnell tolle Fotos und Videos von der Sonne und dem Mond machen. Mit Geduld und Planung kann man auch die ikonischen Fotos von an der Sonne oder dem Mond vorbeiziehenden Flugzeugen, Vögeln oder der ISS machen.

Die Oberfläche des Astro-Modus. Hier befinden sich Schaltflächen, mit denen man alle Aspekte der Aufnahmen einstellen kann und das Ergebnis der bisher gemachten Aufnahmen sieht.

(Bild: Dwarflabs)

Kern des Dwarf 3 ist natürlich der Astro-Mode. Hier können dann die relevanten Parameter genau gesteuert werden. Essenziell ist die Belichtungszeit. Von Zehntelsekunden bis zu Minuten ist hier alles möglich, je nachdem, ob man den Mond, Sterne, Galaxien oder Nebel aufnehmen will. Der "Gain"-Wert entspricht praktisch dem ISO-Wert bei digitalen Fotokameras. Hier stört uns aber das Rauschen bei höherem Gain weniger als in der Einzelbildfotografie, denn dieses wird bei dem Stacking der Einzelbilder recht durch die Benutzung von Dark-Frames zuverlässig rausgerechnet. Als Effekt kann der Gain dann dazu genutzt werden, die Belichtungszeiten kleiner zu halten, um Störungen durch Mechanik und Umwelt (Wind, Satelliten, einzelne Wolkenschleier, …) zu verringern. Bei sehr lichtschwachen Objekten sorgt ein hoher Gain dafür, dass überhaupt genug Photonen in der Kamera aufgenommen werden, um ein Pixel zu registrieren.

Dwarf 3 Astrofotos (12 Bilder)

Horsehead Nebel (Barnard 33)

Gestacktes Bild, mit KI entrauscht, am Computer bearbeitet.

Die Scharfstellung wird durch einen gut funktionierenden Autofokus unterstützt, anschließend kann man nach Bedarf noch nachbessern, was gerade bei Sonnen- und Mondaufnahmen bei unruhiger Atmosphäre manchmal dem Menschen noch besser gelingt.

Während der Aufnahme kann man dann beobachten, wie die Einzelbilder nach und nach zu einem Ergebnisbild verrechnet werden,.

In allen Aufnahmemodi steuert man das Teleskop per App auf dem Smartphone/Tablet (Android/iOS) über WLAN, entweder am Router oder direkt, indem das Dwarf einen eigenen Accesspoint bereitstellt. Das Teleskop kann sowohl 5 GHz als auch 2,4-GHz-Netze nutzen und aufspannen.

Die astronomischen Ziele sucht man in einem interaktiven Sternenatlas (siehe Bilderstrecke) aus und mit einem Klick bewegt sich das Teleskop zum Ziel und startet die Aufnahme. In der App verfolgt man dann, wie sich mit jeder Aufnahme das Resultat verbessert. Das Bild oben ist in Berlin entstanden und bietet mit nur etwa 30 Minuten Belichtungszeit (Alt-Az-Mode) einen guten Eindruck, was bei dunklerem Himmel und mehr Belichtungszeit möglich ist.

Übrigens kann man ganze Aufnahmesessions im Voraus planen, die dann das Teleskop selbstständig abarbeitet, während man bequem im Warmen sitzt.

Dwarflab App (5 Bilder)

Möchte man dann seine Bilder weitergeben, so lassen sich alle aufgenommenen fertigen Bilder über das Album auf das Smartphone laden. Hier bekommt man das gestackte Bild, ggf. auch per KI entrauscht. Das reicht für Dokumentation und soziale Medien.

Schließt man das Dwarf 3 per USB-C an den Rechner, so meldet es sich als Laufwerk an und man hat Zugriff auf die Rohbilder. Alle Einzelbilder (FITS, ein in der Astrofotografie oft benutztes Format), der Stack in bester Qualität (JPEG und PNG), bearbeitet oder roh sind als FITS oder auf Wunsch in TIFF verfügbar.

Hier beginnt dann die Bearbeitung von Gigabytes von Einzelbildern und das Optimieren des Ergebnisses auf dem Computer. Das Erstellen von guten Astrofotos ist wie auch das Entwickeln (egal ob analog oder digital) von Fotos ein Handwerk und Kunstform. Und ein tolles Hobby.

Ich bin sehr zufrieden mit der Funktionalität und der Verarbeitungsqualität des Dwarf 3. Auch die Kommunikation der Firma Dwarflabs während der langen Wartezeit war ok und immer sachlich und korrekt, was Lieferdaten anging.

Ich freue mich auf viele Nächte mit guter Sicht, vor allem im Urlaub, unter besserem Himmel als in der Stadt und wenn ich ausschlafen kann.

Die App und die Firmware auf dem Teleskop selbst funktionieren gut, man kann sich zu einem Betaprogramm anmelden, bei dem es noch weitere Möglichkeiten gibt, die Entwicklung schreitet weiter voran. Fehler der stabilen Version kann man über die App direkt an Dwarflabs melden. Von der Bedienung her kann stellenweise noch einiges verbessert werden. Was sich mir etwa nicht erschließt ist, dass die Hauptarbeitsfläche (egal ob Astro- oder Tageslichtmodus) im sinnvollen Querformat ist, wenn man aber in den Atlas oder das Hauptmenü zurückgeht, alles ins Hochformat schaltet. Das erfordert dann das Telefon oder schlimmer das Tablet zu drehen.

Was die Einstellungen angeht, werden (Astro)fotografen nicht zurückschrecken und genießen, wie viel das Teleskop von der üblichen Fummelei abnimmt. Ich habe in der einzigen klaren Nacht, die es seit der Lieferung gab, mehr Ziele fotografiert als in den vergangenen Jahren mit meinem großen Teleskop. Hier schreckte ich immer mehr vor dem riesigen Aufwand, der Aufstellung und Kalibrierung zurück und ich brauche auch mehr Schlaf als früher.

Leider sind die Lieferzeiten durch die hohe Nachfrage aktuell wieder auf über 16 Wochen gestiegen: ist man ungeduldig, sollte man sich lieber bei der Konkurrenz umschauen. In ähnlichen Preis- und Leistungsklassen spielen die ZWO Seestar S50 (etwa 700 Euro) und S30 (etwa 550 Euro). Diese beiden Teleskope, speziell das neue S30, sind besonders für Personen geeignet, die nur mal in die Materie hineinschnuppern wollen und denen, die eher fortgeschrittenen Fähigkeiten des Dwarf 3 egal sind.

(caw)