E-Government: Wirtschaft macht Druck bei der Verwaltungsdigitalisierung

Verbände fordern von der Politik ein Recht auf komplett digitale Abwicklung von Verwaltungsleistungen. Überkomplexe papiergebundene Verfahren lähmten Firmen.

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(Bild: Chokniti Khongchum/Shutterstock.com)

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Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben die Nase voll von der seit Jahren andauernden E-Government-Misere. Sie stellen klar: "Die Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung von Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland muss dringend Fahrt aufnehmen." Nötig sei daher ein "Recht auf eine vollständig digitale Abwicklung von Verwaltungsleistungen für Unternehmen".

"Behörden und ihre Mitarbeitenden müssen in die Lage versetzt werden, Wirtschaft und Gesellschaft bestmöglich bei der Bewältigung der vielfältigen und enormen Herausforderungen unserer Zeit und der Erreichung der hierfür von der Politik gesetzten Ziele zu unterstützen." Das schreiben der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), der Arbeitgeberverband BDA, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) in einem gemeinsamen, am Freitag veröffentlichten Positionspapier.

Das 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG) habe zwar "eine bisher ungekannte Dynamik in diesen Prozess gebracht", konstatieren die Verbände. Die Politik habe die damit "geweckten Erwartungen und selbstgesteckten Ziele jedoch nicht erfüllen" können. Eigentlich sollten damit 575 einschlägige Leistungsbündel bis Ende 2022 flächendeckend online bereitgestellt werden. Dies gilt mittlerweile als illusorisch.

Das Ad-hoc-Bündnis schlägt daher vor, das Auslaufen der OZG-Frist als Gelegenheit zu begreifen, um ein neues Verwaltungsdigitalisierungsgesetz zu verabschieden. Dafür müssten Bund und Länder eine Gesamtstrategie für die Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung erarbeiten.

Zudem sollte laut dem Papier die Regulierungsstruktur rund ums digitale Rathaus überarbeitet werden, um Transaktionskosten und Koordinierungsaufwände zu senken, die Schnelligkeit von Softwareentwicklungen zu erhöhen, deren Nachnutzung zu vereinfachen sowie Innovationskraft und Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Entscheidend dafür sei, dass der IT-Planungsrat künftig Mehrheitsentscheidungen fällen könne. Die Föderale IT-Kooperation (Fitko) und die Koordinierungsstelle für IT-Standards (Kosit) sollten finanziell und personell gestärkt werden.

"Unternehmen als Poweruser der Verwaltungsdigitalisierung müssen in den Mittelpunkt gestellt werden", heißt es weiter. Digitale Lösungen sollten "von Anfang an gemeinschaftlich mit den Nutzern erarbeitet werden". Nötig sei es auch, das geforderte Gesetz eng mit dafür zentralen Projekten wie der umstrittenen Registermodernisierung zu verknüpften, da nur so eine durchgehende Digitalisierung im Verwaltungssektor möglich werde.

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Um hier Druck zu machen, bringt die Allianz ein Recht für Unternehmen ins Spiel, "die Bereitstellung von Daten zu verweigern, wenn diese bereits in staatlichen Registern vorhanden sind". Basiskomponenten und Standards müssten entwickelt und bundesweit einheitlich verbindlich festgelegt werden. Das Modell "Einer für alle", wonach einmal entwickelte Lösungen bundesweit nutzbar sein sollen, brauche ein Update mit einem Fokus etwa auf offene Schnittstellen. Für kostspielige Insellösungen sei kein Platz. Open Source erwähnen die Autoren nicht als potenziellen Hebel.

"Überkomplexe papiergebundene Verfahren lähmen die ohnehin notleidenden Unternehmen zusätzlich", begründete Iris Plöger aus der BDI-Geschäftsführung die Initiative. Der Erfolg der Wirtschaft hänge "auch von einer leistungsfähigen Verwaltung ab", unterstrich ihr DIHK-Kollege Ilja Nothnagel die Bedeutung eines funktionierenden E-Government. "Nur wenn Baugenehmigungen rechtzeitig erteilt, Planungsverfahren zügig durchlaufen und Maschinen und Fahrzeuge schnell zugelassen werden, kann der Betrieb reibungslos funktionieren. Und nur dann kann auch eine Transformation wirklich funktionieren."

Medienbruchfreie Prozessabläufe sollten in Behörden nach einem Übergangszeitraum für alle digitalisierungsfähigen Verfahren vorgeschrieben werden, hob ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke hervor. BDA-Geschäftsführer Steffen Kampeter betonte: "Gerade in Zeiten der sich überlappenden Krisen kann es sich ein Land wie Deutschland nicht mehr leisten, wichtige Verwaltungsvorgänge zu verschleppen." Es müsse endlich Schluss sein mit unnötigem Papierkram und substanzlosen Bedenken der Bürokraten.

(tiw)