EU-Datenschutz: Datenschützer kritisieren mangelnde Durchsetzung von Gesetzen

Es fehlt trotz Europaratskonvention 108, EU-Datenschutzgrundverordnung und vieler anderer Datenschutzgesetze an dem politischen Willen – für guten Datenschutz.

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(Bild: Tero Vesalainen/Shutterstock.com)

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Von
  • Monika Ermert

Die Europäische Union hat sich ein modernes Datenschutzregime gegeben. Was fehlt, mahnte UN-Sonderbeauftragter Joseph Cannataci in einer Expertenrunde anlässlich des 40. Geburtstags des Datenschutzübereinkommens des Europarates (Konvention 108) bei der Konferenz "Computers, Privacy and Data Protection" , sei einfach der politische Wille zur effektiven Durchsetzung.

"Wir haben Gesetze verabschiedet, aber die Regierungen finden immer wieder Wege, diese mit Ausnahmen zu umgehen", kritisierte Sophie in‘t Veld, Abgeordnete im Europaparlament. In‘t Veld ist seit eineinhalb Jahrzehnten Dauerklägerin in zahlreichen Datenschutzklagen in Europa und in den USA.

Die Liberale kritisierte insbesondere die Sonderrechte, die nach wie vor für Nachrichtendienste geltend gemacht werden. Inkonsequent ist laut in‘t Veld nicht zuletzt, dass bei Anforderungen an die Dienste und deren Aufsicht auf souveräne Rechte gepocht wird. Mehr zusammenarbeiten und Daten austauschen sollen sie aber sehr wohl. Als Schattenboxen bezeichnete in‘t Veld die laufende Diskussion zum Brexit-Thema Datentransfers ins Vereinigte Königreich. "Natürlich wissen wir alle, dass das Vereinigte Königreich kein adäquates Datenschutzniveau hat", sagte die Niederländerin. Denn die Briten hätten unter anderem mit ihrer Cloud-Act-Vereinbarung mit den USA der Weitergabe von Daten über den Atlantik bereits zugestimmt.

Politische statt rechtliche Erwägungen hätten auch die Adäquanz-Entscheidung zugunsten von Japan geleitet, kritisierte Cannataci. "Niemals hätte die EU diesen Bescheid ausstellen dürfen", so sein Urteil. Denn gegenüber Japan sei das Vereinigte Königreich ein Musterbeispiel für guten Datenschutz. Der Freibrief für Japan werde auch die anstehenden Verhandlungen mit den USA verkomplizieren, fürchtet er, denn "warum sollten die USA höhere Standards akzeptieren als Japan?" Zudem werde sich die Gemeinschaft fragen lassen müssen, warum US-Dienste höhere Auflagen erfüllen sollten als einige Dienste in den Mitgliedsstaaten. Cannataci begrüßte ausdrücklich, dass die neu gefasste Konvention 108+ Geheimdienste nicht mehr grundsätzlich ausschließe.

Das Herauslösen der Datenschutzfragen für Polizei und Strafverfolger aus der Datenschutzgrundverordnung hat die Bundesregierung auch dazu genutzt, sich mit der Umsetzung der Richtlinie 2016/680 viel Zeit zu lassen, berichtete der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber. Bis zum 6. Mai 2018 hätten die Mitgliedsstaaten die Richtlinie eigentlich umsetzen müssen, mahnte er, und Deutschland hatte zum Stichpunkt des internationalen Datenschutztages diese Frist um 1000 Tage überschritten. "Ich kann Datenschutzverstöße bei Bundespolizei und Zollfahndung nur beanstanden. Ohne nationale Gesetze fehlen mir wirksame Durchsetzungsbefugnisse", teilte Kelber gestern per Pressemitteilung mit.

Die ausgetretenen Briten müssen der Richtlinie zum Datenschutz im Bereich Polizei und Strafverfolgung auf jeden Fall genügen. Zumindest verlangt das der laufende Prozess.

(bme)