EU-Finanzminister: Digitaler Euro soll nicht programmierbar sein

Entgegen der Industrie will die Euro-Gruppe nicht, dass der digitale Euro mit Zusatzfunktionen ausgestattet werden kann. Anonymität schreibt sie nicht groß.

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(Bild: SWKStock/Shutterstock.com)

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Die Finanzminister der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets sind bemüht, den geplanten digitalen Euro von gängigen Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Ripple abzugrenzen. So soll die potenzielle europäische digitale Zentralbankwährung ihnen zufolge nicht mit Zusatzfunktionen ausgestattet werden können, über die sich etwa "Smart Contracts" abwickeln ließen. Die Euro-Gruppe stellt in einer Mitteilung nach ihrem Treffen am Montag in Brüssel in diesem Sinne klar: "Der digitale Euro kann daher kein programmierbares Geld sein."

Die Ressortchefs sehen in dem Prestigeprojekt, dessen Machbarkeit die Europäische Zentralbank (EZB) seit rund anderthalb Jahren auslotet, zwar "einen Baustein der künftigen Architektur für moderne Zahlungslösungen". Zu diesem Zweck könnte es der digitale Euro dem Gremium zufolge ermöglichen, "eine Zahlung automatisch auszulösen, wenn vordefinierte Bedingungen erfüllt sind". Nutzer sollen einzelne Transaktionen wie Daueraufträge also programmieren können. Als Währung müsse der digitale Euro jedoch "jederzeit und im gesamten Euroraum gleichwertig mit anderen Formen des Euro wie Banknoten und Geschäftsbankeinlagen konvertierbar sein".

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hob dagegen im Herbst hervor, dass es für die Wirtschaft hauptsächlich auf die Fähigkeit der Programmierbarkeit ankomme. "Aktuell beschäftigen sich viele Unternehmen mit der datengestützten Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle", begründete die Lobby dies. Dabei spielten technologisch unterstützte Verträge (Smart Contracts) sowie eindeutig identifizierbare Datenquellen (Sensoren) eine große Rolle. Um das volle Potenzial dieser Weiterentwicklungsmöglichkeiten nutzen zu können, würden "funktionalisierbare, an Bedingungen knüpfbare Zahlungsprozesse benötigt".

Der digitale Euro müsse deshalb mit Technologien wie der Blockchain erweitert werden, verlangte der BDI. Damit entstünde eine flexiblere Automatisierung von Zahlungsvorgängen beziehungsweise eine individualisierte Ausgestaltung von Zahlungsmodalitäten. Ethereum zum Beispiel bietet eine turingvollständige Sprache namens Solidity zur Formulierung solcher programmierten Kontrakte, die dann in der Blockchain hinterlegt und vom Netzwerk der Kryptowährung ausgeführt werden.

Verbraucher- und Datenschützer fordern parallel immer wieder, dass der digitale Euro so anonym wie Bargeld sein sollte. Dies dürfte zwar nicht zu 100 Prozent erreichbar sein. Auf jeden Fall sei aber eine Einschränkung der Nachverfolgbarkeit auf klar definierte zulässige Zwecke nötig.

"Um erfolgreich zu sein, muss der digitale Euro das Vertrauen der Nutzer sichern und aufrechterhalten", schreiben nun auch die Minister. Dabei spiele der Schutz der Privatsphäre, der ein Grundrecht darstelle, "eine zentrale Rolle". Das Stichwort Anonymität taucht in der Erklärung aber nicht auf. Stattdessen betonen die Minister: "Die Gestaltung eines digitalen Euros sollte mit anderen politischen Zielen wie der Verhinderung von Geldwäsche, illegaler Finanzierung, Steuerhinterziehung und der Einhaltung von Sanktionen in Einklang stehen." Es könnte daher allenfalls "ein risikobasierter Ansatz verfolgt werden, um bei weniger riskanten Transaktionen mehr Privatsphäre zuzulassen" und so datenschutzbewussten Bürgern entgegenzukommen.

Die Euro-Gruppe unterstützt auch die Untersuchung einer Offline-Funktionalität, "die ein breiteres Spektrum von Anwendungsfällen bedienen und auch zur finanziellen Eingliederung beitragen würde". Generell müsse ein Digitaleuro "einfach und bequem zu benutzen und für die Öffentlichkeit weithin zugänglich sein", auch im Hinblick auf die Kosten für die Endverbraucher. Großen Wert legt das Gremium darauf, dass die Initiative "die Finanzstabilität des Euroraums" gewährleistet. Denkbar seien hier etwa Limits, wie viele digitale Münzen ein Bürger oder Unternehmen halten dürften.

In die weitere Debatte über das Vorhaben will sich die Euro-Gruppe aktiv einbringen und auch Drittstaaten einbinden. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni bestätigte die Absicht der EU-Kommission, im 2. Quartal 2023 Jahres einen Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro vorzulegen.

(axk)