EU-Kartellverfahren: Apple-Zulieferer Qualcomm soll knapp eine Milliarde Euro Strafe zahlen
Der Chiphersteller wird für eine Vereinbarung bestraft, laut der Apple ausschließlich Chipsätze von Qualcomm für seine iPhones und iPads verwenden durfte. Qualcomm will die Strafe juristisch anfechten.
Der US-Chiphersteller Qualcomm soll in Europa wegen Verstößen gegen Wettbewerbsregeln eine Strafe in Höhe von 997 Millionen Euro zahlen; das entspricht knapp 5 Prozent des Jahresumsatzes 2017. Das Unternehmen habe einer Untersuchung zufolge "Milliarden von US-Dollar an Apple gezahlt, damit Apple nicht bei der Konkurrenz kauft", teilte EU-Kommissarin Margrethe Vestager mit. Konkurrenten seien dadurch in rechtswidriger Weise mehr als fünf Jahre lang vom Markt für sogenannte LTE-Basisband-Chipsätze ausgeschlossen worden. Diese sorgen in vielen Smartphones und Tablets für die Funkverbindung.
Qualcomm sei mit Abstand der weltgrößte Anbieter von Basisband-Chipsätzen, erläutert die Kommission. Ein wichtiger anderer Chiphersteller auf diesem Markt ist Intel. Qualcomm habe sich 2011 in einer Vereinbarung mit Apple verpflichtet, "erhebliche Zahlungen" dafür zu leisten, dass Apple in seinen iPhones und iPads ausschließlich Qualcomm-Chipsätze verwendet. 2013 sei die Vereinbarung auf bis Ende 2016 verlängert worden.
Apple wollte wechseln
Qualcomm hätte diese Zahlungen eingestellt, wenn Apple ein Gerät mit dem Chipsatz eines Konkurrenten auf den Markt gebracht hätte. Darüber hinaus hätte Apple während des größten Teils der Geltungsdauer der Vereinbarung im Fall eines Anbieterwechsels einige der bereits erhaltenen Zahlungen zurückerstatten müssen.
Interne Unterlagen belegen laut EU-Kommission, dass Apple erwogen habe, für einen Teil seiner Basisband-Chipsätze zu Intel zu wechseln. Apple habe aber wegen der von Qualcomm gestellten Ausschließlichkeitsbedingung einen Anbieterwechsel bis zum Ablauf der Vereinbarung aufgeschoben. Als im September 2016 das Ende der Geltungsdauer der Vereinbarung nahte, habe Apple begonnen, einen Teil seines Bedarfs an Basisband-Chipsätzen von Intel zu beziehen.
FĂĽr Qualcomm ist die Entscheidung der EU-WettbewerbshĂĽter ein weiterer schwerer RĂĽckschlag. Das Unternehmen sieht sich derzeit mit einem feindlichen Ăśbernahmeversuch des US-Rivalen Broadcom konfrontiert. Zudem liefert sich Qualcomm seit Monaten einen Rechtsstreit mit seinem wichtigen Kunden Apple.
Update 24. 1. 2018, 14.50 Uhr: Qualcomm will die Strafe anfechten. "Wir sind überzeugt, dass diese Vereinbarung nicht gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstieß und keine negativen Folgen für den Wettbewerb auf dem Markt oder europäische Verbraucher hatte", erklärte Qualcomms Chefjurist Don Rosenberg laut einer Mitteilung. Deswegen wolle das Unternehmen umgehend vor dem Gericht der Europäischen Union ein Berufungsverfahren in Gang gesetzt werden. (anw)