EU-Kommission fördert Konkurrenz unter Musikverwertungsgesellschaften (Update)

Die EU-Kommission untersagt im Kartellverfahren gegen den Dachverband der Musik-Verwertungsgesellschaften zwei wichtige Klauseln in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen.

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Die EU-Kommission hat im Kartellverfahren gegen den internationalen Dachverband der Musik-Verwertungsgesellschaften (CISAC) eine Entscheidung getroffen. Sie stellt laut Mitteilung existierende Gegenseitigkeitsvereinbarungen nicht generell in Frage, untersagt aber zwei darin enthaltende Beschränkungen. So will die Kommission ermöglichen, dass die Verwertungsgesellschaften Urhebern und Nutzern von Musikrechten ein breiteres Angebot bieten können. Außerdem will sie einen stärkeren Wettbewerb zwischen den Verwertungsgesellschaften fördern.

Künftig sollen Urheber selbst eine Verwertungsgesellschaft auswählen dürfen oder auch wechseln können. Eine dem entgegenstehende und nun von der Kommission verbotene Mitgliedsschaftsklausel werde derzeit von 23 Verwertungsgesellschaften angewendet. Die Kommission untersagte zudem von 17 Verwertunggesellschaften befolgte Gebietsbeschränkungen, denen zufolge die Verwerter keine Rechte an Lizenznehmer außerhalb ihres Landesgebiets vergeben konnten.

Solche Gebietsbeschränkungen seien die Grundlage für eine eine strikte Aufteilung des Marktes nach einzelnen Staaten, erläutert die EU-Kommission. Gewerbliche Nutzer wie der Sender RTL oder der britische Online-Musikanbieter Music Choice, die sich bei der Kommission darüber beschwert haben, müssten momentan mit jeder nationalen Verwertungsgesellschaft einzeln verhandeln, wenn sie europaweite Mediendienste anbieten wollen.

Die EU-Kommission meint, durch ihre Entscheidung könnten Verwertungsgesellschaften nun über die Dienstleistungsqualität und die Verwaltungskosten miteinander um Kunden konkurrieren. Hierdurch entstünden Anreize, effizienter zu arbeiten. Die Kommission habe versucht, das Verfahren gütlich beizulegen. CISAC und 18 Verwertungsgesellschaften hätten Verpflichtungszusagen angeboten, doch hätten Sendeanstalten, Inhalteanbieter und einige Verwertungsgesellschaften kritisiert, dass der Erwerb von europaweiten Lizenzen für gewerbliche Nutzer auch dann noch schwierig wäre.

Vor kurzem hatte der Dachverband europäischer Komponisten und Texter (European Composer & Songwriter Alliance, ECSA) Partei für die CISAC ergriffen. Er befürchtet, dass vor allem kleinere Verwerter und kulturelle Nischen vernichtet werden könnten. Die Entscheidung der EU könne zu Einkommensverlusten bei den Kulturschaffenden führen. Zudem würde der Markt eher noch mehr fragmentiert und der Zugriff der Öffentlichkeit auf Kulturprodukte erschwert. Eine Stellungnahme der deutschen Verwertungsgesellschaft GEMA zu der Kommissionsentscheidung steht noch aus.

Update:

Inzwischen liegt eine Stellungnahme der GEMA vor. "Mit dieser kartellrechtlichen Einzelfallentscheidung, wie sie uns jetzt vorliegt, wird hunderttausenden Autoren ein Bärendienst erwiesen", erklärte der GEMA-Vorstandsvorsitzende Harald Heker. "Die Kreativen sind tief enttäuscht." Die Vorwürfe der EU-Kommission bezüglich der Beschränkungen seien unzutreffend. Die GEMA will die Entscheidung nach Zustellung "gründlich analysieren" und dann weitere Schritte überlegen.

Der GEMA gehörten mehrere tausend Mitglieder an, die ihren Wohnsitz nicht in der Bundesrepublik Deutschland haben, heißt es weiter in der Mitteilung der Verwertungsgesellschaft. Mit dem von der Kommission geforderten "Wegfall des bewährten Vertragssystems zur gegenseitigen Rechteeinräumung" würden "die bestehenden One-Stop-Shops, bei denen die Nutzer sämtliche Rechte aus einer Hand erwerben können, de facto abgeschafft". (anw)