EU-Kommission skizziert neuen Anti-Terrorplan

Justizkommissar Franco Frattini hat das Vorhaben Brüssels erläutert, Bombenbauanleitungen im Netz zu kriminalisieren sowie ein EU-System zur Auswertung von Flugpassagierdaten nach US-Vorbild aufzubauen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 69 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die EU-Kommission arbeitet mit Hochdruck an einem neuen Aktionsplan zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Er soll vor allem den bereits bestehenden Rahmenbeschluss des EU-Rates zur Terrorabwehr ergänzen. Zusammenführen will die Brüsseler Behörde eine Reihe bereits angekündigter Maßnahmen, wie Justizkommissar Franco Frattini am heutigen Mittwoch erklärte. Eingebaut werden soll demnach etwa das Vorhaben, die Verbreitung von Bombenbauanleitungen und Terroraufrufen im Internet EU-weit zu kriminalisieren. Teil der Initiative wird laut Frattini auch der Aufbau eines Systems zur Sammlung und Auswertung von Flugpassagierdaten nach US-Vorbild sein. Darüber hinaus soll ein europäisches Sprengstoffregister bei der Polizeibehörde Europol in Den Haag entstehen.

"Die Vorteile des E-Learning sind auch der Aufmerksamkeit von Terroristen nicht entgangen", klagte Frattini unter Verweis auf "detaillierte Anleitungen" im Internet für "alle erdenklichen terroristischen Taktiken einschließlich der Produktion von Sprengstoffen". Derartige Aktivitäten müssten in der ganzen EU strafbar werden. Darüber hinaus sei die Zeit reif, sich nicht länger auf die korrekte Weitergabe der so genannten Passenger Name Records (PNR) an andere Länder wie die USA zu konzentrieren. Vielmehr müssten die Ressourcen auch zum Schutz der EU verwendet werden. Europa sei durch Terroranschläge mindestens genauso bedroht wie die Vereinigten Staaten. Der Italiener hält die Fluggastdaten daher für ein "wichtiges Instrument der Strafverfolger". Erklärtes Ziel der Kommission sei es, dass jeder Mitgliedsstaat PNR aufbewahre, sie verarbeite und gegebenenfalls mit anderen Nationen austausche.

Personenbezogene Daten von Passagieren – von der E-Mail-Adresse über die Kreditkartennummer bis zum vorbestellten Menü – werden bei Transatlantikflügen bereits seit 2004 von den Fluggesellschaften an die US-Sicherheitsbehörden übermittelt. Die entsprechenden Bestimmungen hat die EU unter der Führung der deutschen Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr zur großen Sorge von Datenschützern noch erweitert, während die USA für andere Staaten weniger umfassende Anforderungen an Flugdaten in Kraft setzen wollen. Der erweiterte Anti-Terrorplan der EU mit der rechtlichen Basis für ein eigenes PNR-System soll laut Frattini im November von der Kommission beschlossen werden.

Für die grünen Bundestagsabgeordneten Silke Stokar und Omid Nouripour spielt der Justizkommissar aber den "Schutz vor Terror gegen den Schutz der Privatsphäre von Bürgern aus" und riskiere einen Vertrauensverlust. Mit seinen Plänen zu Passagierdaten nehme er sich die "Datensammelwut der USA" zum Vorbild und stoße damit das EU-Parlament und die europäischen Datenschützer vor den Kopf. Das neue PNR-Abkommen mit Washington bezeichneten die Grünen als "Datenschutz-Gau". Zu viele Daten würden damit viel zu vielen Behörden über viel zu lange Zeiträume für viel zu viele Zwecke überlassen. Wenn die EU vergleichbar mit den persönlichen Daten ihrer eigenen Bürger umgehen wolle, verunsichere sie die Menschen. (Stefan Krempl) / (vbr)