EU-Parlament stellt Safe-Harbor-Abkommen in Frage
Der CDU-Abgeordnete Alexander Voss plädiert im geplanten Untersuchungsbericht der EU-Volksvertreter zur NSA-Affäre dafür, den Vertrag zum Datentransfer an US-Firmen aufzuheben. Finanz- und Fluggastdaten sollen weiter über den Atlantik fließen.
Der CDU-Abgeordnete Alexander Voss plädiert in seinem Teil des geplanten Untersuchungsbericht des EU-Parlaments zur NSA-Affäre dafür, das umstrittene transatlantische Safe-Harbor-Abkommen aufzuheben und "auf neue Füße zu stellen". Eine Kündigung des Vertrags, der die Weitergabe personenbezogener Daten aus Mitgliedsstaaten an Unternehmen in den USA erlaubt, hält der Christdemokrat angesichts der damit auch verknüpften "ökonomischen Konsequenzen" für eine angemessene Reaktion auf den Spionageskandal. Damit einher ginge die klare Ansage, dass die europäischen Datenschutzstandards stärker respektiert werden müssten.
"Keine hinreichende Lösung"
Die Empfehlung der EU-Kommission, die Übereinkunft an mehreren Punkten zu verbessern, hält Voss dagegen für "keine hinreichende Lösung". Die Abgeordneten hätten von verschiedenen Seiten gehört, dass der Vertrag nicht mehr "safe" sei. Es werde nicht nur durch "möglicherweise illegales" Abgreifen von Daten durch die NSA ausgehöhlt; auch die beteiligten Firmen spähten das Nutzerverhalten immer stärker aus und verletzten so die Regeln auf dem alten Kontinent.
Bei der transatlantischen Übereinkunft zum Transfer von Überweisungsinformationen des Finanznetzwerks SWIFT an US-Behörden liegt Voss dagegen ganz auf Linie der Kommission. "Wir haben nichts vorzuweisen, was ein Kündigen erlauben würde." Hinweise für einen Vertragsbruch lägen nicht vor. Das EU-Parlament hatte vor Kurzem gefordert, den Vertrag vorübergehend auszusetzen. Die Volksvertreter begründeten diesen Antrag mit Berichten auf Basis von Dokumenten des Whistleblowers Edward Snowden, wonach die NSA und sein britischer Partner GCHQ die Infrastruktur von SWIFT gehackt und diese auf mehreren Ebenen angezapft haben.
Voss zufolge liegen beim Abkommen zur Weitergabe von Flugpassagierdaten zwischen der EU und den USA ebenfalls "keinerlei Beweise für einen Missbrauch durch Geheimdienste vor". In 23 Fällen seien einschlägige "Passenger Name Records" (PNR) an die NSA weitergegeben worden. Individuelle Prüfungen hätten ergeben, dass dies der Bekämpfung des Terrorismus gedient habe. Auch hier herrsche zudem bei einem vergleichbaren EU-System Stillstand. Ein solches wäre laut Voss aber nötig, um "28 unterschiedliche PNR-Systeme" zu verhindern.
Parlament ernstnehmen
Die Handvoll Parlamentarier, die im zuständigen Innenausschuss der Vorstellung des noch nicht gedruckt vorliegenden Entwurfs am Montag in Brüssel lauschten, begrüßten den vorgeschlagenen Kurs zum "sicheren Hafen" größtenteils. Die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel hält eine mögliche Nachfolgevereinbarung nicht mehr für nötig, wenn das geplante EU-Datenschutzpaket in der bis zum Frühjahr laufenden Legislaturperiode noch verabschiedet werde. Beim SWIFT-Abkommen müsse der klare Beschluss der Volksvertreter ernstgenommen werden. Die Liberale Sophie in't Veld sprach sich dafür aus, sowohl die Übereinkunft für Finanz- als auch für Fluggastdaten auszusetzen.
UrsprĂĽnglich sollte auch Thomas Oppermann, der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums fĂĽr die deutschen Geheimdienste, vor dem EU-Untersuchungsgremium aussagen. Der Sozialdemokrat war aber verhindert. (vbr)