EU-Parlament verurteilt biometrische Zwangserfassung von Roma in Italien

Italien hatte damit begonnen, die Fingerabdrücke von Roma (darunter auch die von Kindern) zu erfassen und in einer Datenbank zu speichern. Das Projekt soll nach Angaben der Regierung von Silvio Berlusconi der "Bekämpfung von Straßenkriminalität" dienen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das EU-Parlament hat die italienische Regierung aufgefordert, die umstrittene Erfassung von Fingerabdrücken der im Land lebenden Roma zu beenden. Für eine entsprechende Resolution, die gemeinsam von ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa), den Grünen sowie der GUE/NGL-Fraktion (Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke) eingebracht worden war, sprachen sich am heutigen Donnerstag 336 Abgeordnete aus; 220 Parlamentarier stimmen dagegen, 77 enthielten sich.

Italien hatte Anfang des Monats damit begonnen, die Fingerabdrücke von in Behelfslagern lebenden Roma (darunter auch die von Kindern) zu erfassen und in einer Datenbank zu speichern. Das Projekt soll nach Angaben der Regierung in Rom der "Bekämpfung von Straßenkriminalität" dienen. Auch könnten dadurch illegale Einwanderer aufgespürt und abgeschoben werden. Schätzungen zufolge leben rund 150.000 meist aus Rumänien stammende Roma in Italien, von denen viele aber die italienische Staatsbürgerschaft haben.

Silvio Berlusconi, der seit Mai wieder das Amt des italienischen Ministerpräsidenten bekleidet, hatte angekündigt, massiv gegen illegale Einwanderer vorgehen zu wollen. So soll etwa die Straftat "illegale Einwanderung" eingeführt und mit bis zu vier Jahren Haft geahndet werden. Bei Razzien nahm die Polizei bereits Hunderte von Personen fest. Immer wieder kommt es auch zu Übergriffen der Bevölkerung. Die OSZE forderte Italien auf, Übergriffe auf das Volk der Roma zu unterbinden. Die Stigmatisierung von Roma und Einwanderern in Italien schüre Spannungen und verschärfe die Gefahr von Gewalt.

Laut der heute verabschiedeten Resolution des EU-Parlaments wurden die Präfekten von Rom, Mailand und Neapel zu sogenannten "Kommissaren für den Roma-Notstand" ernannt und mit "Sonderbefugnissen für die Identifizierung von Personen, einschließlich Minderjähriger, auch durch die Aufnahme von Fingerabdrücken, ausgestattet". Ihnen werde gestattet, "von einer Reihe von Gesetzen abzuweichen, die ein breites Spektrum von Fragen betreffen, die die verfassungsmäßigen Vorrechte berühren".

Die Parlamentarier fordern die italienischen Staatsorgane deshalb auf, von der Erhebung von Fingerabdrücken von Roma, einschließlich von Minderjährigen, Abstand zu nehmen, "da dies eindeutig einen Akt der Diskriminierung aus Gründen der Rasse und der ethnischen Herkunft darstellen würde, der nach Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention untersagt ist, und außerdem ein Akt der Diskriminierung der Unionsbürger, die von Roma oder Nomaden abstammen, gegenüber denjenigen wäre, die eine solche Abstammung nicht haben und sich solchen Verfahren nicht unterziehen müssen".

Auch sei es unzulässig, "mit dem Ziel, Kinder zu schützen, ihre Grundrechte zu verletzen und sie zu kriminalisieren". Die Parlamentarier weisen zudem darauf hin, dass sich "Maßnahmen, die die Ausgrenzung verstärken, sich bei der Kriminalitätsbekämpfung nie als wirksam erweisen werden und nicht zur Kriminalitätsverhütung und Sicherheit beitragen werden". Alle Formen von Rassismus und Diskriminierung der Roma und anderer Gruppen, die als "Zigeuner" angesehen werden, seien "nachdrücklich und unmissverständlich" zu verurteilen. (pmz)