EU-Rat stimmt Ein-Stunden-Löschfrist für terroristische Inhalte zu

Die EU-Staaten haben die Verordnung zu grenzüberschreitenden Schnell-Löschanordnungen für Terrorpropaganda im Internet angenommen.

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(Bild: -strizh-/Shutterstock.com)

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Terroristen soll es künftig schwerer fallen, das Internet zu missbrauchen, um radikale Ansichten zu verbreiten, Anhänger zu rekrutieren und zu Gewalt anzustacheln. Der EU-Ministerrat hat am Dienstag den Entwurf für eine entsprechende Verordnung befürwortet, wonach Betreiber von Online-Plattformen künftig "terroristische Inhalte" auf Anordnung beliebiger Behörden aus einem Mitgliedsstaat binnen einer Stunde löschen müssen. Eine richterliche Genehmigung ist nicht erforderlich.

Auf den Gesetzestext hatten sich Verhandlungsführer des EU-Parlaments, des Rats und der Kommission im Dezember verständigt. Die Löschaufforderungen können sich demnach etwa auf Texte, Bilder sowie Ton- oder Videoaufnahmen inklusive Live-Streamings beziehen, die zu terroristischen Taten anstacheln oder Anleitungen für den Bau von Bomben oder Waffen enthalten.

Internetplattformen werden zwar nicht verpflichtet, den gesamten Datenverkehr zu überwachen. Wenn auf ihnen aber bereits terroristische Inhalte veröffentlicht wurden, müssen sie besondere Maßnahmen ergreifen, um ihre Dienste vor deren Verbreitung zu schützen. Über die Wahl der Mittel können die Unternehmen selbst entscheiden. Ausdrücklich gibt es keine Vorgabe ("automatisierte Werkzeuge"). Dies konnten die EU-Abgeordneten durchsetzen, um Upload-Filter nicht obligatorisch zu machen.

Die Löschanordnungen können sich auch gegen Diensteanbieter wie Amazon, Facebook, Google mit YouTube, TikTok oder Twitter richten, die ihren Hauptsitz nicht in der EU haben. Betreiber von Online-Foren, auf denen Nutzer Kommentare hinterlassen oder Inhalte hochladen dürfen, sind ebenfalls erfasst. Das Land, in dem der Host-Provider sitzt, soll ausländische Löschersuchen prüfen und sie binnen 24 Stunden bestätigen. Erfolgt keine Freigabe, muss der Betreiber den Zugang zu den gemeldeten Inhalten nur in dem Staat blockieren, der den Antrag gestellt hat.

Kleine und mittlere Unternehmen sollen Terrorpropaganda ohne strikte Zeitvorgabe "sobald wie möglich" löschen, wenn sie für eine solche Ausnahme betriebliche Gründe nachweisen können. Anordnungen dürfen sich nicht auf journalistische und künstlerische Inhalte sowie polemische und satirische Meinungsäußerungen beziehen.

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Bürgerrechtler monieren, dass die Stundenfrist kaum zu erfüllen sei und die drohenden scharfen Sanktionen zu einer proaktiven, automatisierten Zensur führten könnten. Der portugiesische Innenminister Eduardo Cabrita betonte dagegen, dass die Strafverfolgungsbehörden bald über ein wirksames Instrument im Kampf gegen terroristische Bedrohungen verfügten. Das Plenum des EU-Parlaments muss den ausgehandelten Kompromiss noch bestätigen, was als Formsache gilt. Die Verordnung soll am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten, ein Jahr später soll sie angewendet werden.

(olb)