EU-Studie: Politik soll Datenschutz gestalten

Beim Einsatz neuer Technologien und der Sicherheitspolitik dürfe die Gestaltung nicht den Gerichten überlassen werden, fordert eine vom EU-Parlamentsausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres in Auftrag gegebene Studie.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die Einführung der EU-Rahmenrichtlinie zum Datenschutz sowie der Vertrag von Lissabon werden sich positiv auf die europäische Datenschutzpolitik auswirken, die sich bisher als "lebendes Puzzle" aus immer mehr internationalen Konventionen, bilateralen Abkommen, Gemeinschaftsinstrumenten und relevantem Fallrecht darstellt. Zu diesem Schluss kommt eine vom Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EU-Parlaments in Auftrag gegebene Studie über "Datenschutz im Bereich von Freiheit, Sicherheit und Justiz". Weil der Datenschutz über die drei Säulen der Europäischen Gemeinschaft – der Gemeinsamen Außenpolitik sowie der Strafverfolgung und Justiz – hinweg geregelt wird, gibt weder einen zusammenhängenden Entscheidungsfindungsprozess, noch eine umfassende Datenschutzregelung.

Laut Studie ist insbesondere die Frage des Profiling auf EU-Ebene und verschiedenen nationalen Rechtsprechungen unterschiedlich geregelt. Das massenhafte Sammeln und Speichern von Daten fände auf nationaler Ebene bereits statt, werde jedoch mit der geplanten zweiten Stufe des Schengen-Informationssystems (SIS II) und dem Visa-Informationssystem VIS auch bald auf europäischer Ebene Alltag werden. Auch gibt es bereits verschiedene Vorschläge, die ein Profiling von Reisenden über ein Passagiernamensregister (Passenger Name Record - PNR) und ein Reiseregister (Electronic System of Travel Authorisation - ESTA) für den Anti-Terrorkampf und die Kriminalitätsbekämpfung fordern. Die Studie kommt zu dem Schluss: "Der gegenwärtige Rechtsrahmen ist weitverstreut und zu komplex". Dabei bestehe die Gefahr, "dass die Probleme lediglich auf eine technische Datenschutzebene reduziert werden". Insofern sei ein integrierterer Ansatz notwendig.

Die Debatte, wie der Einsatz neuer Technologien sowie die Sicherheitspolitik gestaltet werden sollen, "sollte nicht auf die Gerichte beschränkt werden", stellt die Studie fest. Sie fordert eine stärkere Einbeziehung der Politik: "Neue Technologien führen zu Machtverschiebungen und Machtverschiebungen müssen politisch bewertet werden." Sowohl das Europäische Parlament, als auch die nationalen Parlamente sollten sich "stärker mit Datenschutzthemen beschäftigen, da sie am besten in der Lage sind, das Spiel der verschiedenen Kräfte auszugleichen." Effektiver Datenschutz sei nur möglich, wenn Datenschutzgesetze und Datenschutz-Watchdogs zu den neuen Entwicklungen beitragen können. Der Europäische Datenschutzbeauftragte sowie die Artikel-29-Datenschutzgruppe hätten es trotz beschränkter Kompetenzen geschafft, sich als Watchdogs in Sachen Europäischer Datenschutz zu positionieren.

Dem Europäischen Parlament komme eine "entscheidende" Rolle zu, doch es verfüge noch über zu wenig Macht in den Bereichen der internationalen Beziehungen und der Justiz. Neue Perspektiven ergäben sich jedoch für das Parlament mit dem Vertrag von Lissabon, der aber noch nicht ratifiziert ist. Bis es so weit ist, könne das Parlament Bedenken über politische Entscheidungen öffentlich thematisieren. Es könne aber auch einen Überblick über die Entwicklung politischer Entscheidungen auf lokaler und internationaler Ebene wahren und insofern die Aufmerksamkeit der nationalen Parlamente auf verschiedene Themen lenken. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (vbr)