EU-Subventionsstreit: Brandenburger Halbleiterwerk pleite

Die EU-Wettbewerbskommission verdonnerte die Nachfolgeunternehmen des abgewickelten Halbleiterwerks Frankfurt/Oder zu 140,1 Millionen Mark Subventionsrückzahlungen.

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Ein herber Rückschlag für die Förderpolitik der brandenburgischen Landesregierung: Die EU-Wettbewerbskommission verdonnerte die Nachfolgeunternehmen des abgewickelten Halbleiterwerks Frankfurt/Oder zu Rückzahlungen von 140,1 Millionen Mark an Subventionen. Als Folge dieser Brüsseler Entscheidung beantragten die beiden Firmen SiMI (Silicium Microelectronic Integration) und MD&D (SiMI Microelectronic Design & Development) mit insgesamt rund 160 Mitarbeitern gestern die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Das Halbleiterwerk Frankfurt war ein hochsubventioniertes DDR-Unternehmen, das im sonst wirtschaftlich schwachen östlichen Brandenburg 8.500 Mitarbeiter beschäftigte. Nach der Wende brach das Unternehmen sehr schnell zusammen, in den 90er Jahren scheiterten diverse Rettungsversuche der Treuhand und des Landes Brandenburg.

Um das Potenzial zur Mikroelektronik-Fertigung in Frankfurt/Oder zu erhalten, flossen hohe Fördergelder: So entstand beispielsweise das Zentrum für Angewandte Mikroelektronik (ZAM). Schon 1991 wurde das Institut für Halbleiterphysik (IHP) aus dem früheren Halbleiterinstitut, einer Einrichtung der Akademie der Wissenschaften der DDR, neugegründet. Das IHP mit seinen 188 Mitarbeitern zog 1999 in ein neues, 128 Millionen Mark teures Gebäude um, das mit je 16 Millionen Mark von der Bundesregierung und vom Land Brandenburg und mit 96 Millionen Mark aus EU-Mitteln finanziert wurde.

Angesichts der verzweifelten Wirtschaftslage und der Arbeitslosenrate hatte es massive Proteste der ehemaligen Beschäftigten des Halbleiterwerkes gegeben; 1997 drohten die damals 365 Mitarbeiter mit einer Fabrikbesetzung. Die Landesregierung hatte immer wieder die Erhaltung des Werkes versprochen und die Schuld am Niedergang auch der Treuhand zugeschoben. Erst im Januar hatte man mit der US-Firma Megaxess offenbar einen Investor gefunden, der mit den beiden Nachfolgefirmen SiMI und MD&D fusionierte. SiMI stellt unter anderem ASICs mit bipolaren Transistoren für schnelle Netzwerkkommunikation her.

Was das Insolvenzverfahren der beiden Frankfurter Firmen für Megaxess bedeutet, ist noch unklar. Die Landesregierung Brandenburg kündigte jedenfalls an, rechtliche Schritte gegen die Entscheidung der EU-Kommission zu prüfen. Ein Sprecher des EU-Wettbewerbskommissars Mario Monti sagte dpa, dass die Grundlage für die Rückzahlungsforderungen der fehlende Sanierungsplan gewesen sei. Damit gebe es auch keine Grundlage für die Gewährung von Beihilfen und deren Genehmigung in Brüssel. "Die sind immer nur mit Beihilfen über Wasser gehalten worden", verteidigte der Sprecher die Entscheidung der EU-Kommission.

Wie auch immer der Subventionsstreit ausgeht: Die hemdsärmelige Förderung von Wirtschaftsunternehmen ist ein heikles Unterfangen mit ungewissem Ausgang. Nach rund zehn Jahren öffentlicher Zuschüsse sind nun außer den 140 Millionen Mark auch noch die Arbeitsplätze verloren. (ciw)