EU treibt Enfopol-Abhörpläne weiter

Trotz massiver Kritik aus der Öffentlichkeit und im EU-Parlament will die Europäische Kommission die Überwachung des Internet im Mai zur offiziellen europäischen Politik machen.

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Von
  • Arne Mertins

Die jüngste Version der europäischen Abhör- und Überwachungspläne wurde diese Woche in London publik. Sie zeigt, daß die Europäische Kommission an ihrer Absicht festhält, die Überwachung des Internet bis Ende Mai zur offiziellen europäischen Politik zu machen. Trotz starker Opposition in Deutschland und Österreich und harscher Kritik im Europa-Parlament soll das Vorhaben offenbar durchgedrückt werden.

Das Schlüsseldokument trägt inzwischen einen geänderten Namen: es wird ENFOPOL 19 genannt. Caspar Bowden hat es auf der Website der Foundation for Information Policy Research (FIPR) veröffentlicht. ENFOPOL 19 wurde bei einem Treffen von Polizeibeamten in Brüssel am 11. März verfaßt und von der deutschen EU-Präsidentschaft am 15. März herausgegeben. Laut der britischen Regierung hat "die deutsche EU-Präsidentschaft angedeutet, daß man hofft, über den Entwurf des Ratsbeschlusses beim Treffen der Justiz- und Innenminister im Mai Übereinstimmung zu erzielen". Das Treffen findet am 27. und 28. Mai statt.

ENFOPOL 19 handelt immer noch von "Abhörmaßnahmen von Telekommunikation in Bezug auf neue Technologien". Doch statt einer detaillierten Aufstellung von Anforderungen für das Anzapfen des Internet und anderer neuer Kommunikationssysteme (wie im ursprünglichen Dokument ENFOPOL 98), gibt die Polizeigruppe nun vor, es gehe dabei nur um eine Aktualisierung der "gemeinsamen Anforderungen" zum Abhören von Telekommunikation, die bereits im Ratsbeschluß von 1995 festgelegt worden sind.

Die strittigsten Passagen des 98er-Dokuments wurden aus ENFOPOL 19 entfernt, technische Details in einem Glossar oder "Handbuch" versteckt. Wie der britische Journalist Duncan Campbell berichtet, gehen die sogenannten "International User Requirements (IUR)", die den Kern von ENFOPOL 98 und 19 bilden, auf eine US-Initiative namens ILETS zurück. Die Aktivitäten von ILETS wurden bisher noch in keinem Parlament diskutiert, nicht einmal im US-Kongress. Während der vergangenen sechs Jahre, so Campbell, habe ILETS im Alleingang Regierungen veranlaßt, ihre "Anforderungen" zum Bestandteil von Gesetzen zu machen. Seit 1997 dränge ILETS Standardisierungs-Organisationen wie die International Telecommunications Union (ITU), ihre Vorgaben in technische Standards für zukünftige Gerätegenerationen aufzunehmen.

ILETS, die geheime Hand hinter ENFOPOL. (ame)