EU und USA gemeinsam gegen Produktpiraten und Urheberrechtsverletzer

"Geistiges Eigentum ist der Lebensnerv der europäischen und amerikanischen Wirtschaft. Um diesen Schutz besser durchsetzen zu können, brauchen wir eine gemeinsame Strategie mit Biss", meinte der EU-Handelskommissar Peter Mandelson.

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Von
  • Monika Ermert

US-Präsident Georg Bush und EU Kommissionspräsident Manuel Barroso werden heute beim US-EU-Gipfeltreffen in Wien auch ein Abkommen zur gemeinsamen Bekämpfung von Produktpiraterie und Urheberrechtsvergehen starten. Das von US-Handelsminister Carlos Gutierrez, Industriekommissar Günther Verheugen und EU-Handelskommissar Peter Mandelson bereits vorgestellte Programm umfasst eine engere Zollzusammenarbeit, die Einrichtung gemeinsamer Teams zur Durchsetzung von Urheberrechts- und Patentansprüchen in Drittländern und den Austausch geheimdienstlicher Erkenntnisse. Auch die Zusammenarbeit von Strafverfolgung und Privatwirtschaft soll angekurbelt werden.

Die beiden EU-Kommissare betonten die Bedeutung des geistigen Eigentums für den europäischen und amerikanischen Wirtschaftsraum. Mandelson sagte: "In unseren hochwertigen Produkten steckt sehr viel Erfindungskraft; geistiges Eigentum ist deshalb der Lebensnerv der europäischen und amerikanischen Wirtschaft. Von seinem Schutz hängt unsere Wettbewerbsfähigkeit in der globalen Wirtschaft ab. Um diesen Schutz besser durchsetzen zu können, brauchen wir eine gemeinsame Strategie mit Biss." Die Zahl der an EU-Grenzen beschlagnahmten Produktfälschungen ist nach EU-Angaben von 10 Millionen im Jahr 1998 auf über 103 Millionen im Jahr 2004 gestiegen.

Mehrere Industrieverbände, darunter die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI), die Business Software Alliance (BSA) und die Motion Picture Association of America (MPAA) begrüßten die EU-US-Zusammenarbeit und den Plan eines stärkeren "Public Private Partnership" bei der Rechtedurchsetzung. Sie forderten aber auch rasche, konkrete Resultate.

Besondere Aufmerksamkeit wollen sie im Kampf gegen die Piraterie Verbündeten der Situation in China und Russland widmen. US-Generalstaatsanwalt Alberto Gonzales kündigte bei der US Handelskammer an, die USA würden einen Koordinator zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte nach Südostasien entsenden, ein weiterer Koordinator soll nach Osteuropa gehen. Die beiden Maßnahmen sind Teil eines von Gonzales bekannt gegebenen Maßnahmenpaketes, mit dem die Empfehlungen der US IP Task Force von 2004 umgesetzt werden sollen.

Zu dem Maßnahmenpaket gehört die Einsetzung weiterer Einheiten, die unter dem Namen Computer Hacking & Intellectual Property (CHIP) geführt werden, in Washington, Orlando, Nashville, Pittsburgh und Sacramento. Außerdem sollen große Konferenzen von "Opfern" des Rechteklaus in New York und Los Angeles organisiert, Trainingsprogramme für ausländische Strafverfolger und Richter angeboten und 900.000 US-Dollar für Aufklärungsarbeit zur Piraterievermeidung im Bildungsbereich durch das US Patent & Trademark Office bereitgestellt werden. Das US-Justizministerium warte für den Kampf gegen Piraterie im Übrigen auf strengere Regeln, die mit dem Intellectual Property Protection Act eingeführt werden sollen. Dieser Gesetzesvorschlag, der höhere Strafen für Wiederholungstäter und weitere Verschärfungen bestehender Regelungen enthält, wird derzeit in den zuständigen US-Kongressausschüssen behandelt. Auch verbindliche Speicherfristen für Telekommunikationsverbindungsdaten werden laut Gonzales im Justizministerium diskutiert, allerdings gebe es dazu noch keine abschließende Entscheidung.

Die US-Politik zum geistigen Eigentum verlange eine Kriminalisierung nicht-kommerzieller Verletzung von Urheberrechten, kritisierte die Geschäftsführerin der Bürgerrechtsorganisation IP Justice. Außerdem solle es mehr und mehr erleichtert werden, Dritte – also etwa Internet-Provider – in die Haftung zu nehmen. "Die USA nutzen bilaterale oder regionale Handelsabkommen und internationale Organisationen wie die WTO und die WIPO dafür, ihre strengen Regeln auch anderen aufzuzwingen", betonte Gross mit Blick auf den EU-US-Gipfel. Auch der Dachverband der Verbraucherorganisationen, der Transatlantic Consumer Dialogue (TACD), hatte in einer Vorabstellungnahme zum Gipfel die Konzentration auf die Piratenjagd bedauert. Es gebe eine Tendenz, massenhafte Produktpiraterie – etwa im für Verbraucher lebensgefährlichen Medikamentenbereich – mit dem nicht-kommerziellen Kopieren oder Verletzen von Urheberrechten in einen Topf zu werfen und die gleichen strafrechtlichen Sanktionen für beides anzuwenden. Der TACD forderte dagegen, hier klarer zu differenzieren.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Monika Ermert) / (jk)