Echelon vor dem Europaparlament

Nach einem Bericht vor dem EU-Parlament wird mit Echelon vor allem Wirtschaftsspionage betrieben.

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Von
  • Florian Rötzer

Das weltweite Lauschsystem Echelon war gestern Gegenstand einer Anhörung des Ausschusses für Bürgerrechte des Europäischen Parlaments. Der britische Journalist Duncan Campbell trug seinen Bericht, basierend auf der 1999 veröffentlichten Studie Interception Capabilities 2000 über Echelon, den Mitgliedern des Ausschusses vor und wies daraufhin, dass mittlerweile die Existenz des Lauschsystems zweifelsfrei erwiesen sei. Noch am Tag zuvor hatte EU-Kommissar Fritz Bolkenstein den Parlamentariern erklärt, dass Echelon nur ein "Gerücht" sei. Vor kurzem gab es allerdings bereits durch ein über den Freedom of Information Act an die Öffentlichkeit gelangtes Dokument eine erste "offizielle" Bestätigung des Systems von der amerikanischen Seite.

Echelon sei, so Campbell ein weltweites Abhörsystem der NSA, bei dem auch die Geheimdienste von Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland beteiligt sind. Gefährdet sei vor allem die Kommunikation, die über Satellitenverbindungen läuft, während das Abhören der Kommunikation über Glasfaser wohl sicher, weil zu aufwendig sei. Ausgerichtet sei das System vorwiegend auf Wirtschaftsspionage, Hinweise darauf, das auch Politiker von befreundeten Staaten abgehört würden, gäbe es aber nicht.

Tony Blair reagierte schnell auf die neuen Vorwürfe und wies die Behauptung zurück, dass Geheimdienstinformationen zugunsten britischer Unternehmen verwendet würden: "Nein ist die kurze Antwort. Diese Angelegenheiten werden durch extrem strenge Regeln kontrolliert, und diese Regeln werden stets angewendet." Auch der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, James Rubin, wies die Vorwürfe zurück: "US-Geheimdienste sind nicht beauftragt, sich mit Wirtschaftsspionage zu beschäftigen oder Handelsgeheimnisse zugunsten amerikanischer Firmen zu erhalten. Auch wenn wir nicht den Inhalt des Berichts kommentieren können, so können wir doch sagen, dass die NSA nicht dazu befugt ist, Geheimdienstinformationen an private Firmen weiterzuleiten." Neuseeland stritt inzwischen ab, Wirtschaftsspionage zu betreiben. Allerdings verlangt inzwischen auch der amerikanische Kongress Aufklärung über Echelon.

Für die französische Justizministerin Elisabeth Guigou sind die Stellungnahmen allerdings nicht ausreichend. Sie behauptet im Einklang mit den STOA-Berichten, dass das System nach dem Kalten Krieg vor allem für die Wirtschaftsspionage verwendet werde. Französischen Firmen empfiehlt sie aus diesem Grund, jede Kommunikation zu verschlüsseln.

Campbell wies allerdings auch darauf hin, dass Echelon nur ein Teil von unterschiedlichsten Lauschsystemen auf der Welt sei. Insgesamt gäbe es 140. Überdies kritisierte er die heimliche Zusammenarbeit zwischen amerikanischen und europäischen Behörden und die unter dem Namen ENFOPOL bekannt gewordenen Überwachungspläne der EU, über die die Parlamente nicht ausreichend informiert worden seien.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Graham Watson, meinte, dass man für die weitere Diskussion des Themas "mehr Beweise" brauche. Mitglieder des Ausschusses sprachen sich dafür aus, auf der nächsten Plenarsitzung am 30. März die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss zu fordern, der sich mit dem Schaden durch Wirtschaftsspionage beschäftigen soll.

Dazu s.a. in Telepolis: Europäisches Parlament stimmt gegen unkontrolliertes grenzüberschreitendes Abhören und das Special über ENFOPOL (fr)