Angeln 4.0: Mit Echolot, Drohne und Unterwasserkamera in die Fischgründe

Moderne Technik setzt sich immer mehr auch unter Freizeitanglern durch. Darauf wollen nun Fischereiforscher die Aufmerksamkeit lenken.

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Wer sich das Meer wegdenkt, könnte sich fast in einem Spielekeller dünken.

(Bild: Carl Jocumsen)

Lesezeit: 4 Min.
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Die moderne Technik ist längst auch unter Freizeitanglern verbreitet. Mit Echoloten, Unterwasserkameras und Drohnen können Fische leichter aufgespürt und gefangen werden, allerdings ergeben sich daraus auch Risiken für Fischpopulationen mögliche Konflikte. Diesen ist nun ein internationales Team mit Professor Robert Arlinghaus vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin nachgegangen.

Zu dem oben genannten Equipment gesellen sich noch präzisionsgefertigte Rollen, ultraempfindliche Graphit-Verbundstoffruten, chemisch geschärfte Haken, Angelschnüre ohne Dehnung zur besseren Bisserkennung, lebensechte Fischimitate zum Raubfischangeln und Apps, mit denen Angler:innen ihre Erfahrungen, Erfolge und ihr Latein anderen mitteilen können.

"Diese Innovationen sind aus Sicht der Nutzer:innen meistens positiv, aber für Fischereibewirtschaftende und andere Entscheidungstragende sind sie eine Herausforderung, wenn sie versuchen, mit dem raschen technologischen Wandel Schritt zu halten", stellt Fischereiprofessor Steven Cooke von der kanadischen Carleton Universität fest. In die von ihm und Prof. Arlinghaus erstellte Literaturstudie zur Vergangenheit und Zukunft von Geräteinnovationen in der Angelfischerei sind Praxiserfahrungen eingeflossen, da zu vielen Aspekten noch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen.

"Moderne Echolote dienen als verlängerter Arm des Anglers. Damit können einzelne Fische im Freiwasser exakt lokalisiert und einzelne Großfische gezielt angesprochen werden", erläutert Prof. Cooke. Das könne auch den Fischen zugutekommen, die Technik helfe beispielsweise Verletzungen, Stress und die Sterblichkeit zurückgesetzter untermaßiger Fische zu reduzieren. Sie sorge auch dafür, dass nur bestimmte Arten oder Größen am Haken landen und dieser nicht mehr tief verschluckt werde. Je nach Verbreitung unter den Anglern könne Technik aber den Fangdruck auf die seltenen größeren Raubfische steigern. Mit GPS und moderner Bootstechnik könnten gute Fangplätze rasch wiedergefunden oder anderen Angler:innen mitgeteilt werden. "Im Extremfall kommt es lokal zur Überfischung."

Die für Fischereirechte in Binnengewässern häufig zuständigen Angelvereine regeln die Anwendung neuer Techniken in der Regel selbst, allerdings meist rein aus dem Bauch heraus ohne wissenschaftliche Begleitforschung. Ihnen fehlten oft Daten, aus denen sie objektiv ableiten können, wie neue Methoden funktionieren. Cooke und Arlinghaus schlagen vor, die Auswirkungen moderner Technik systematisch zu untersuchen. So könne das Management neuer Technik in der Freizeitfischerei proaktiv statt reaktiv sein.

Wie weit die Technik im Freizeitangeln vorangeschritten ist, versuchen die Forscher anhand eines Beispiels zu erläutern: Ein Raubfischangler sitzt in seinem Boot am Steg in einem bequemen Sessel hinter dem Steuerrad und digitalen Karten, die auf einem Touchscreen-Kartenplotter angezeigt werden. Dieser bietet auch Informationen über Umweltbedingungen wie Wassertemperatur und Luftdruck, die der erfahrene Angler nutzen kann, um den Aufenthalt der Fische besser vorherzusehen.

Wenn auf dem Bildschirm Fische erscheinen, wechselt der Antrieb zu einem am Bug montierten Elektromotor, der mit einem Sonar-Schwinger und einem Bildschirm ausgestattet ist. Der Angler stellt den mit GPS ausgestatteten Elektromotor so ein, dass er automatisch und leise einen bestimmten Pfad zum Angelplatz fährt, um die Störung der Fische zu minimieren oder hält das Boot exakt über dem lokalisierten Fisch.

Währenddessen fischt der Angler und wird über Echtzeit-Digitalbilder von der Struktur des Sees und den Fischstandorten in drei Dimensionen unter dem Boot informiert. Je nach Ausgereiftheit des Kartenplotters kann der Angler all diese Informationen nutzen, um das Gebiet digital zu kartieren und diese Informationen nutzen, um die Angeleffizienz zu steigern.

Ob dadurch tatsächlich Fangraten gesteigert werden, ist bisher ungeklärt. Erste Studien aus den USA zum Forellenbarschangeln zeigten allerdings, dass die modernen Angler deutlich effizienter angeln als Angler in den 1960er und 1970er Jahren. Insgesamt sehen Cooke und Arlinghaus noch viel Forschungsbedarf, dem nur wenige empirische Erkenntnisse gegenüberstehen. Dies betreffe auch ethische Fragen wie der nach der "sportlichen Chance" für die Fische.

(anw)