Egosurfende Cyberslacker im Data Smog
Das Oxford Dictionary of English ist wild entschlossen, mit der Zeit zu gehen. Auch in den Duden finden immer wieder Wörter aus dem EDV- und Szene-Bereich Eingang, die unter Sprachpuristen zumindest umstritten sind.
Das Oxford Dictionary of English ist wild entschlossen, mit der Zeit zu gehen, und hat 3000 neue Wörter aufgenommen. Die englische Sprache hat ohnehin bereits einen riesigen Wortschatz. Durch den weltweiten Gebrauch des Englischen werden diesem die verschiedensten Jargons und Dialekte hinzugefügt. Die Herausgeber des Wörterbuchs versuchen diesem Wandel gerecht zu werden, indem ein Team ständig die Veränderungen in der Sprache beobachtet. Texte aus einer großen Bandbreite an Veröffentlichungen -- neben wissenschaftlichen Veröffentlichungen sind das unter anderem. Comics, Zeitungen, TV-Serien und das WWW -- werden im sogenannten Oxford English Corpus gesammelt und systematisch ausgewertet. 3000 neue Wörter sind durch diesen Filtermechanismus gegangen und haben Eingang in das Wörterbuch gefunden.
Nicht geschafft hat es die "Britneyfication", andere Neuaufnahmen hingegen legen Zeugnis davon ab, dass sich die Oxford-Sprachforscher intensiv der kommerziellen Medien- und Entertainmentwelt aussetzen. Das Hinterteil darf nun als "Bootylicious" bezeichnet werden und der gute alte DJ wird von "Turntablists" ersetzt. Eine Reihe von Attacken auf den fein gestimmten Sprachnerv stammt aus dem Internet. "Hacktivists" (Kombination aus Hacker und Aktivisten), "Egosurfer" (Leute, die beispielsweise in Suchmaschinen ihren eigenen Namen eingeben), "Cyberslacker" und "Data Smog" gehören nun offiziell dem englischen Sprachschatz an.
Die Verwendung des Bindestrichs wird zunehmend zur Geschmacksfrage. Aus "E-mails" werden immer öfter "Emails" und on-line verkürzt sich auf online. Klar, online hat man halt auch wenig Zeit für solchen Luxus wie Bindestriche. Nicht zu übersehen ist auch der Einfluss der westlichen Großmacht jenseits des Atlantik, mit der Infiltrierung von Worten wie "Geek", "Nerd" und "24/7".
Lobenswert ist der Pragmatismus der Publikation, den vorhandenen Sprachgebrauch widerzuspiegeln und nicht Vorschriften über die "richtige" Verwendung der Sprache zu machen. Ob man Begriffe wie "Bada Bing", "Lovely Jubbly" und "Foo Fighters", die aus der TV-Realität stammen, jedoch wirklich benötigt, ist eine andere Frage. Da drängt sich nämlich gleich die nächste Frage auf, wer entfernt denn eigentlich den ganzen Wortmüll wieder, wenn solche Modeworte von niemandem mehr benutzt und verstanden werden.
Ähnliche Fragen müssen sich übrigens auch die Hüter der deutschen Sprache stellen: Nicht nur die viel geschmähte Rechtschreibreform sorgt immer noch für Aufregung, sondern auch mancher Begriff, der inzwischen Eingang über die Umgangssprache hinaus in die Lexika gefunden hat. So ist die New Economy für viele Anleger nur noch ein besonders übler Albtraum, im Internet zumindest feiert sie als Trend-Lexikon des Duden-Verlags weiterhin fröhliche Urständ. Und ob "highlighten", "downloaden" oder "reinklicken" wirklich in den deutschen Wortschatz gehören, ist auch heute noch umstritten -- obwohl sie bereits im Jahr 2000 in der 22. Auflage des Duden zum ersten Mal auftauchten. Zumindest das Adjektiv "Jahr-2000-fähig", in dieser Duden-Auflage ebenfalls zum ersten Mal vermerkt, wird heute wohl nur noch in historischem Kontext gebraucht und dürfte bereits jetzt manchem Youngster ohne Erklärung völlig unverständlich bleiben. (Armin Medosch) / (jk)