Ein Stresstest, der auf keinen Stress testet

Der sogenannte Banken-Stresstest ist erneut ein Spektakel ohne wirkliche Aussagekraft

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Wieder einmal wurden Banken und Sparkassen in Europa getestet, ob sie ein Krisenszenario überstehen könnten. Doch wie schon vor einem Jahr festgestellt werden konnte, wurde erneut so geprüft, dass auch das gewünschte Ergebnis in einem "adversen Szenario" erreicht wird. Man wollte angesichts der Verwerfungen auf den Finanzmärkten "Vertrauen" schaffen.

Wertvoller Test?

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat auch sogleich den Test einen "wertvollen Beitrag" genannt, um Vertrauen in die Widerstandsfähigkeit der europäischen Banken zu schaffen. Dass Schäuble ernsthaft daran glaubt, darf allerdings bezweifelt werden.

Hatten vor einem Jahr 7 von 91 Instituten den Test nicht bestanden, waren es diesmal 8 von 90. In Spanien fielen gleich vier Sparkassen und die Bank Pastor durch. Es waren die Sparkassen Unnim, CAM, CatalunyaCaixa und Caja3. Hinter Caja 3 verbergen sich eigentlich drei vom Absturz bedrohte Sparkassen: Caja Inmaculada, Caja Círculo de Burgos und Caja Badajoz.

Interessant ist, dass die auf ihren Webseiten verkünden, den Test "locker" bestanden zu haben. Mit einer aktuellen Kernkapitalquote von 8,85% wären die drei Sparkassen in Dänemark längst abgewickelt worden. Dort wurde die benötigte Kernkapitalquote kürzlich von 9,7 auf 16% angehoben.

Angesichts der enormen Kreditausfallquoten im abstürzenden Spanien kommen einem die Stresstest-Ergebnisse ohnehin spanisch vor. Nach den letzten Daten der spanischen Zentralbank ist die Quote im April im Durchschnitt auf den neuen Rekordwert von 6,36% gestiegen. Die enorme Arbeitslosenquote von fast 21% läßt immer mehr Kredite faul werden. Es zeigt sich erneut, dass die Banken die Sparkassen abhängen, deren Quote im Durchschnitt bei 6,39% liegt, die der Sparkassen liegt bei 6,26%. Im Testergebnis spiegelt sich das erneut nicht wieder.

Verlierer und seltsame Regelungen

Über den laschen Test sind auch die Agricultural Bank of Greece und die griechische EFG Eurobank Ergasias sowie die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) gestolpert. In Deutschland wäre die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) durchgefallen. Sie zog sich aber vorzeitig aus dem freiwilligen Test zurück. Denn die Bank, die anders als andere Landesbanken gut durch die Finanzkrise kam und allgemein als sehr stabil eingeschätzt wird, wäre durchgefallen.

Das hat mit einer Sonderregelung im deutschen Bankenwesen zu tun, in dem stille Einlagen als Eigenkapital gelten. In diesem Bereich wurden die fragwürdige politische Ausrichtung von Basel III schon angewendet. Der Test erkennt ausgerechnet die zwei Milliarden Euro, mit dem das Land Hessen 10% an der Helaba beteiligt ist, nicht als Kernkapital an. Das ist angesichts der Tatsache erstaunlich, dass Banken weltweit mit Steuergeldern aufgefangen wurden, ohne dass es dafür Beteiligungen der öffentlichen Hand gab.

Erneut hinkt der Test mit beiden Beinen und man darf nicht hoffen, dass das Ergebnis aussagekräftiger als das aus dem vergangenen Jahr ist. Dabei wurden nicht einmal die irischen Banken als Ausfallkandidaten festgestellt, die nur vier Monate nach der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse das gesamte Land in die Pleite gestürzt hatten. Irland bescherten sie das Rekorddefizit von sage und schreibe 32,4%, während die EU 3% als Stabilitätsgrenze vorgibt.

Gefahr von Staatspleiten im Euro-Raum ausgeklammert

Ein zentrales Problem dieses Tests ist, dass nur eine läppische Kernkapitalquote von 5% gefordert wird, wenn sich die Schuldenkrise in der Eurozone verschärft, es zum Einbruch der Wirtschaft um 4 Prozentpunkte und zum Verfall des Dollars kommt. Sehr stressig ist das Worst-Case-Szenario nicht. Man denke nur daran, dass die griechische Wirtschaft im vergangenen Jahr um mehr als 4% geschrumpft ist. Der deutsche Wirtschaftsmotor in Europa hatte 2009 eine schrumpfende Wirtschaft von 4,7% zu verkraften.

Ein weiteres Problem von diesem Kaliber ist, dass erneut die Gefahr von Staatspleiten im Euro-Raum ausgeklammert wurde. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) verschließt offensichtlich auch noch die Hühneraugen davor, dass nun sogar die Finanzminister über den teilweisen Ausfall von Staatsanleihen diskutieren, wie Schäuble nach dem letzten Treffen der Finanzminister zugeben musste. Was soll man also davon halten, dass eine Prüfbehörde eine angebliche Verschärfung der Schuldenkrise prüft und den heißen Eurosommer komplett ausklammert?

Deutliches Warnsignal

Da man tatsächlich doch mit der Möglichkeit rechnet, nutzte die EBA die Gelegenheit, um sich ein Bild machen zu können. Diesmal mussten die Teilnehmer am Test offenlegen, wie viele Staatsanleihen aus welchen Ländern in ihren Büchern stecken. Im vergangenen Jahr hatten vor allem deutsche Institute diese Transparenz vermissen lassen.. Ohnehin geht es längst nicht mehr nur um den teilweisen Schuldenschnitt für griechische Anleihen. Sogar Großbanker fordern längst ein Szenario, das auch auf Irland und Portugal anwendbar ist.

Man sollte es also als deutliches Warnsignal werten, dass fast 10% der Geldhäuser auch diesen Test nicht bestanden haben. Einige Institute, wie die Norddeutsche Landesbank und die HSH Nordbank, kamen nur knapp über die Hürden. Schaut man sich an, dass die beiden größten deutschen Privatbanken im Stressszenario gerade noch auf 6,4% (Commerzbank) und 6,5% (Deutsche Bank) kämen, zeigt auch eine deutliche Schwäche der deutschen Großbanken auf.