Einmal zu nah dran: Robert Capa wurde vor 100 Jahren geboren

Von seinem berühmtesten Bild weiß man bis heute nicht, ob es echt ist. Doch dass der Fotograf eine Legende war, das ist sicher. Und er starb, wie er gelebt hatte: Ganz dicht dran.

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Von
  • Chris Melzer
  • dpa

Von seinem berühmtesten Bild weiß man bis heute nicht, ob es echt ist. Doch dass der Fotograf eine Legende war, das ist sicher. Vor 100 Jahre wurde Robert Capa geboren. Er starb, wie er gelebt hatte: Ganz dicht dran.

siehe auch:
- Capas Leica für 8.000 Euro

Seine Maxime war "Ist ein Bild nicht gut genug, war der Fotograf nicht nah genug dran". Mit dieser Einstellung hat der Ungar André Ernó Friedmann eine Weltkarriere gemacht, sie hat ihn allerdings auch das Leben gekostet. Der Fotograf hat eines der berühmtesten Bilder des 20. Jahrhunderts gemacht und wurde unter seinem Künstlernamen zu einer Legende des Fotojournalismus: Robert Capa war einer der größten Köpfe in der Geschichte der Fotografie. Vor 100 Jahren (22. Oktober) wurde er geboren.

Capa-Plakat anlässlich einer Ausstellung im Martin-Gropius-Bau 2005

(Bild: dpa)

Der Name Capa ist immer mit dem Bild "Loyalist Militiaman at the Moment of Death, Cerro Muriano, September 5, 1936 (Serie Spain, Bild 37)" verbunden. Ein Mann im spanischen Bürgerkrieg in der Uniform der regierungsnahen Truppen stürzt nach hinten, gerade von einer Kugel getroffen. Der Karabiner entgleitet seiner Rechten, der Kopf ist zurückgeworfen, die Augen anscheinend geschlossen. Das Foto soll den Mann im Augenblick seines Todes zeigen. Unzählige Male wurde es auf T-Shirts und Plakate gedruckt und war eine Ikone der Friedensbewegung.

Aber ist es auch echt? Alle paar Jahre gibt es unwiderlegbare Beweise, dass es gestellt ist. Und gleich danach ebenso unwiderlegbare Beweise, dass es doch echt ist. Bücher wurden darüber geschrieben und Wissenschaftler forschten jahrelang, doch die Frage ist noch immer nicht beantwortet. Klar ist nur, dass es nicht an dem von Capa angegebenen Ort aufgenommen worden sein kann. Da, wo alles passierte, hatte es damals gar kein Gefecht gegeben. Aber hatte Capa Datum und Ort vielleicht einfach nur verwechselt? Mehr als 70.000 Negative hat er hinterlassen. Der "Moment of Death" war nicht dabei.

Filmreif war das Leben des André Ernó Friedmann ohnehin. Der Ungar geriet in seiner Heimat mit Faschisten und Kommunisten aneinander, und so emigrierte der Jude. Ausgerechnet nach Deutschland. Als die Nazis an die Macht kamen, ging er zunächst nach Wien und dann nach Paris. Hier erfand er die Figur des amerikanischen Journalisten Robert Capa, weil sich Bilder mit diesem Pseudonym besser verkaufen ließen. Mit seiner Freundin, der Stuttgarter Jüdin Gerda Taro, wuchs er immer mehr in die Rolle hinein. Taro wurde 1937 im spanischen Bürgerkrieg von einem Panzer überrollt. Capa erfuhr davon aus der Zeitung.

Capa war immer da, wo die Gefechte am schlimmsten waren. Er fotografierte 1938 den chinesischen Widerstand gegen die japanischen Aggressoren. Er landete 1943 mit amerikanischen Truppen auf Sizilien. Er ging 1944 mit der zweiten Welle der Soldaten in der Normandie an Land. Er dokumentierte am "D-Day", wie die jungen Männer kämpften und starben – nur elf seiner Bilder ("The Magnificent Eleven") konnte er retten.

Später fotografierte er in den Ruinen von Stalingrad und im gerade gegründeten Staat Israel. 1947 gehörte er zu den Mitgründern der legendären Fotoagentur Magnum. Capa war ein Lebemann. Er war in Bars zu Hause, wurde von den Frauen vergöttert und genoss das Leben. Immer schon. Nach dem Zweiten Weltkrieg erst recht. Mit der Kriegsfotografie, sagte er, sei er fertig.

Unwillig ließ er sich 1954 noch einmal darauf ein, den Indochinakrieg zwischen Franzosen und Vietnamesen zu fotografieren. Er brauchte die 2000 Dollar. Am 25. Mai 1954 sprang er aus dem Jeep, um Soldaten zu fotografieren. Bei sich hatte er eine Contax, eine Nikon und eine Kanne Eistee. Am frühen Nachmittag trat er auf eine Mine. Die Nikon wurde meterweit weggeschleudert. Die Contax hielt Robert Capa auch im Tod noch fest in seinen Händen. (keh)