Einwanderer gründen fleißig Firmen, aber aus anderen Gründen

Firmengründer in Deutschland werden tendenziell jünger und weiblicher. Zuwanderer haben oft andere Motive als Eingeborene.​

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"Open"-Schild im Fenster eines Chinarestaurants

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Gründende werden weiblicher und immer jünger. Zudem ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund am Gründungsgeschehen weiterhin hoch. Dies geht aus dem aktuellen Länderbericht Deutschland 2020/21 zum Global Entrepreneurship Monitor (GEM) hervor. Der GEM vergleicht Unternehmensgründungen in aller Welt.

Seit 2010 erfasst der deutsche Bericht jährlich auch Migrationshintergrund. Die Gründungsquote unter Einwanderern lag dabei bis auf 2018 immer erkennbar über jener in Deutschland Geborener. 2019 war der Unterschied mit 11,8 zu 7,4 Prozent noch markant. Im Pandemiejahr 2020 liegen die Zuwanderer mit 5,6 zu 4,7 Prozent nur noch so gering voran, dass das statistisch nicht signifikant ist.

[Update 15.8.]: Unter Gründungsquote fassen die Forscher die sogenannte "Total early-stage Entrepreneurial Activity". Darunter verstehen sie den Anteil der Personen an allen 18- bis 64-Jährigen, die während der vergangenen dreieinhalb Jahre ein Unternehmen gegründet haben beziehungsweise zum Zeitpunkt der Befragung dabei sind, eine Firma aufzubauen. [/Update]

Für eingewanderte Gründende waren 2020 laut der Studie eher außerökonomische Motive für den Schritt in die Selbständigkeit ausschlaggebend. Die Wissenschaftler sprechen von "Chancengründungen", und grenzen diese vom Aufbau einer Firma aus finanzieller Not ab.

Immigranten gründen demnach häufiger, um die Welt zu verändern, als Startup-Errichter ohne Einwanderungsgeschichte (50 zu 38 Prozent). Reich zu werden steht seltener im Vordergrund (27 zu 57 Prozent). Gleichzeitig haben gründende Zuwanderer höhere Wachstumsambitionen als Menschen ohne Migrationshintergrund und sind vergleichsweise oft innovativ bei Unternehmensprozessen. Zugewanderte Gründer kämpfen mit Sprachbarrieren und Hürden vor Finanzierungen.

Mit 4,8 Prozent liegt Deutschlands Gründungsquote 2020 auf dem Niveau von 2018 (5%). Die Bundesrepublik belegt damit im internationalen Vergleich nur den drittletzten Platz. 2019 hatte die Rate das historische Hoch von 7,6 Prozent erreicht. 62 Prozent aller in Deutschland Gründenden geben die Fortführung einer Familientradition als Motiv an.

63 Prozent der Personen mit Gründungsabsicht haben die Geschäftsaufnahme wegen der Pandemie im Frühjahr 2020 verschoben. Ein Viertel der Gründungen im vorigen Jahr betrifft jedoch Gelegenheiten, die erst durch die Corona-Krise entstanden sind.

Mit 4,4 Prozent ist die Gründungsquote der Frauen fast so hoch wie die der Männer (5,1 Prozent). Der Anteil war bisher nur 2008 und 2009 ähnlich groß. Im internationalen Vergleich hat Deutschland ein sehr ausgeglichenes Verhältnis an männlichen und weiblichen Gründenden. Die Firmenstarts durch Frauen blieben während der Covid-19-Pandemie stabil.

In den vergangenen drei Jahren gründen immer mehr Jüngere Unternehmen. 2020 verzeichneten die 18 bis 24-Jährigen mit 6,8 Prozent und die 25 bis 34-Jährigen mit 5,4 Prozent die höchsten Anteile aller Altersgruppen. Die Gründungsquote der 18 bis 24-Jährigen ist so fast dreimal so hoch wie die der ältesten einbezogenen Gruppe, der 55 bis 64-Jährigen, die bei 2,4 Prozent lag.

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Den GEM-Länderreport haben das Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft (RKW) in Eschborn und das Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz-Universität Hannover im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt. Die Resultate basieren auf Befragungen von weltweit 135.942 Bürgern, von denen 3003 in Deutschland leben. Dazu kamen Interviews mit 1821 Gründungsexperten in 44 Ländern, von denen 72 aus der Bundesrepublik stammen.

(ds)