Elektronische Fußfesseln zur Entlastung österreichischer Gefängnisse

Erstmals wurden zwei Österreicher bedingt aus der Haft entlassen und mit elektronischen Peilsendern versehen. Am Wiener Landesgericht soll indes eine neue Biometrie-Installation dafür sorgen, dass sich das angeschlossene Gefängnis nicht unerwartet leert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 278 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Am Donnerstag wurden erstmals zwei Österreicher bedingt aus der Haft entlassen und mit elektronischen Peilsendern versehen. Am Fuß montierte Geräte melden in Verbindung mit GPS und einem Mobiltelefon laufend den Aufenthaltsort des Trägers an den privaten Wachdienst ÖWD. Im Rahmen von Pilotversuchen soll bis Herbst 2007 geklärt werden, ob auf diese Weise die seit einigen Jahren überbelegten Gefängnisse entlastet werden können. In Österreich kommt nur etwa jeder vierte Insasse in den Genuss einer vorzeitigen Entlassung. Damit die Anstalten aber nicht zu leer werden, setzt man in Wien hinkünftig auf Biometrie – nicht für die Gefangenen, sondern für deren Besuch.

Die ersten beiden elektronischen Fußfesseln haben zwei wegen Vermögensdelikten bestrafte Oberösterreicher erhalten. Sie konnten bereits bisher während des Tages ihrer Arbeit nachgehen, mussten ihre Freizeit aber in der Justizanstalt Garsten verbringen. Nun wurden sie auf Bewährung vier beziehungsweise sechs Monate vor Ende ihrer Strafzeit entlassen. Bewährungshelfer erstellen für sie genaue Stundenpläne, wobei auch die Freizeitgestaltung stark eingeschränkt wird. Verlässt der Delinquent das vorgesehene Gebiet zur Unzeit oder fällt das Signal aus, wird Alarm geschlagen. Während ein Tag in Haft mit 80 Euro veranschlagt wird, fallen für Bewährungshilfe und Überwachung nur etwa 21 Euro täglich an.

Die Zeitung Die Presse berichtet jedoch von deutlicher Kritik von Strafrichtern und Staatsanwälten. Sie sehen wenig Sinn in der elektronischen Überwachung bedingt Entlassener. Für vorzeitige Entlassungen müssten zahlreiche Auflagen erfüllt werden; sind diese gegeben, soll der Sträfling auf freien Fuß gesetzt werden, auch ohne Fußfessel. Die Experten wünschen sich die elektronische Fußfessel dagegen, um kurze Haftstrafen durch Hausarrest ersetzen zu können. Auch wenn Untersuchungshaft ausschließlich wegen Fluchtgefahr verhängt werde, sei elektronisch gesicherter Hausarrest sinnvoll. Aus dem Justizministerium heißt es, dass der Ersatz kurzer Haftstrafen "das Endziel" sei. Dafür wären allerdings Gesetzesänderungen notwendig.

Am Wiener Landesgericht soll indes eine neue Biometrie-Installation dafür sorgen, dass sich das angeschlossene Gefängnis nicht unerwartet leert. Vergangenen April war einem mutmaßlichen Geldfälscher die Flucht gelungen, in dem er sich als sein Anwalt verkleidet und das Gebäude einfach verlassen hatte. Diese Blamage will die Justizwache nicht noch einmal erleben. Daher werden nun Besucher beim Betreten des so genannten Vorführbereichs, wo Rechtsbeistände und private Besucher mit Insassen zusammentreffen, fotografiert. In diesem Bereich halten sicht täglich etwa 800 Menschen auf. Ein Computer erfasst das Gesicht der jeweiligen Person biometrisch. Die Daten werden auf einer Chipkarte gespeichert, die dem Besucher ausgehändigt wird. Möchte er wieder gehen, muss er erneut die Schleuse passieren, wobei das Gesicht zu den Daten auf der Chipkarte passen muss.

Als erstes deutsches Bundesland hatte Hessen die elektronische Fußfessel getestet, das Ergebnis ist umstritten. Jedenfalls weckte es politische Begehrlichkeiten aller Art, etwa nach dem Einsatz des Geräts für Schulschwänzer, 3.000 gewaltbereite Islamisten Asylbewerber, Langzeitarbeitslose oder alle "gefährlichen Ausländer". (Daniel AJ Sokolov) / (jk)