Elektronische Gesundheitskarte: Der Arzt als Freund und PIN-Helfer? [Update]

Als einen Ausweg aus den Schwierigkeiten, die sich während des Feldversuchs in Schleswig-Holstein ergeben haben, bringen sich die Ärzte als Treuhänder einer Komfort-PIN ins Spiel.

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Von
  • Detlef Borchers

Der bereits berichtete Stopp des Feldversuches zur elektronischen Gesundheitskarte (eGK) in Schleswig-Holstein hat zu Überlegungen geführt, wie das Dilemma umgangen werden kann, dass die eGK einen sicheren Umgang mit PIN verlangt. Erste, von Datenschützern abgesegnete Pläne sehen vor, die Ärzte als treuhänderische Verwalter der Patienten-PIN einzubinden.

Beim schleswig-holsteinischen Feldversuch in der Region Flensburg hatten 75 Prozent der Patienten Probleme mit der neuen Gesundheitskarte, weil sie die sechsstellige PIN zur Freischaltung der Karte oder zur Bearbeitung des Notfalldatensatzes vergessen oder falsch eingegeben hatten. In der Stellungnahme (PDF-Datei) der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein zum Abbruch des Feldtestes wird diese Quote als bundesweites Problem angesehen: "Die Flensburger Ärzte gehen davon aus, dass diese Probleme in absehbarer Zeit auch in den anderen Testregionen auftreten."

Aus diesem Grunde wollen die Ärzte in Vorleistung treten und haben den Vorschlag gemacht, dass die Gematik eine "Komfort-PIN" einführt, die die Ärzte treuhänderisch verwalten: "Bei diesem Verfahren könnte der behandelnde Arzt vom Patienten authorisiert werden, an seiner Stelle die PIN einzugeben. Auch aus Sicht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein wäre diese Lösung datenschutzrechtlich dann machbar, wenn es "keine anderen akzeptablen Alternativen zur persönlichen PIN-Eingabe gibt", heißt es in der Stellungnahme. [Update: "Ich halte dies grundätzlich für vertretbar", sagte der Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert gegenüber heise online. "Dies ist übrigens eine zentrale Forderung nicht nur von Ärzten, sondern auch von Behindertenverbänden. Das Prozedere und die nötigen Sicherungen müssen aber noch im Detail diskutiert werden."]

Der Vorschlag einer PIN-Eingabe durch den Arzt hat auch den Segen der Bundesärztekammer: "Die Bundesärztekammer teilt die Auffassung der Betroffenen in der Testregion Schleswig-Holstein, dass praxisnahe mit dem Datenschutz zu vereinbarende Lösungen für die elektronische Gesundheitskarte unabdingbar sind", erklärte Philipp Stachwitz, stellvertretender Dezernent Telematik der Kammer gegenüber heise online.

Datenschutztechnisch würde die Eingabe einer Patienten-PIN durch den Arzt unter die ärztliche Schweigepflicht fallen und dem von Ärzten immer wieder angemahnten Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient entsprechen, dass durch die eGK nicht gestört werden dürfe. Ob treuhänderisch handelnde Ärzte eine sinnvolle Lösung sind, kann jedoch angezweifelt werden. Zu den Ergebnissen des norddeutschen Feldversuches gehörte auch, dass 30 Prozent der beteiligten Ärzte und Apotheker ihren Heilberufeausweis (HBA) sperrten, weil sie sich nicht an ihre PIN erinnern konnten oder diese falsch eingaben. (Detlef Borchers) / (vbr)