Ellison: Schmeißt den ganzen EDV-Müll weg

Larry Ellison fordert von EDV-Verantwortlichen, ihre gesamte IT-Infrastruktur von Grund auf neu zu gestalten.

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Von
  • Jürgen Kuri

Larry Ellison, Chef des Datenbankherstellers Oracle und bekannt für provokante Sprüche, hat wieder einmal zugeschlagen. Auf einer BusinessWeek-Konferenz zur Digitalen Ökonomie forderte er von Firmen, ihre bestehende IT-Infrastruktur wegzuschmeißen und ganz von vorne anzufangen. "Euer Problem ist all der Müll, den ihr in den letzten 20 Jahren gekauft habt", teilte Ellison einer Runde etwas überraschter EDV-Manager auf der Konferenz mit. Er erklärte kategorisch, die Software-Industrie sei noch nicht erwachsen und habe ihre Kunden auf den falschen Weg geführt: "Bei Oracle ist mir aufgefallen, dass das, was wir haben, falsch ist. Was wir unseren Kunden verkauft haben, ist falsch. Was unsere Konkurrenz verkauft hat, ist falsch."

Immerhin gab Ellison zu, er stelle ziemlich bizarre Forderungen: Niemand werde jetzt den Saal verlassen und seine Rechner und die Software wegschmeißen: "Aber genau das solltet ihr tun." Er erklärte aber auch den ernsthaften Hintergrund seiner markigen Sprüche: Firmen aus der Internet-Ökonomie wie Amazon oder ETrade hätten gegenüber klassischen Unternehmen riesige Vorteile. Sie hätten ihr Geschäft von Grund auf um das Internet und zentralisierte Datenhaltung gestaltet. "Amazon weiß genau, was sie in den letzten 15 Minuten an welche Leute verkauft und was diese das vorherige Mal bestellt haben. Ihr werdet getötet, wenn ihr nicht den gleichen Service anbieten könnt." Bei bestehenden Firmen sähe das ganz anders aus als bei den sogenannten dot.com-Companies: "Wenn ihr weiterhin einfach Anwendungen kauft und versucht, sie zur Zusammenarbeit zu bewegen, werdet ihr nie wissen, was in eurer Firma eigentlich vor sich geht. Eure Daten sind so hoffnungslos zerstückelt, dass ihr nicht einmal wisst, wer eure Kunden eigentlich sind."

Larry Ellison verfolgt mit solchen Szenarien natürlich ein bestimmtes Ziel: Die Durchsetzung einer neuen Form von Client/Server-Architektur, die wie zu Mainframe-Zeiten auf zentralisierten EDV-Strukturen beruht: Zwar mit riesigen Server-Farmen und modernen Thin Clients und Internet Appliances auf den neusten Stand der Technik gebracht, aber nichts desto trotz eine Abkehr vom Modell der verteilten Datenhaltung. Diese Diskussion ist nicht neu: Das Thema Total Cost of Ownership führt schon längere Zeit zu Vorstellungen, den Anwendern wieder die Gewalt über die Rechenleistung an ihrem Platz zu nehmen, um die Betriebskosten möglichst niedrig zu halten. Ellison fügt diesen Überlegungen allerdings durch den Verweis auf die Internet-Ökonomie eine neue Begründung hinzu: Kundenorientierung und die Gewährleistung von Kundenloyalität ist seiner Ansicht nach nur über eine zentralistische EDV-Struktur zu erreichen. Nach seinen eigenen Aussagen ist Oracle übrigens auf dem besten Weg, Ellisons Forderungen umzusetzen: Ende 2000 will das Unternehmen eine interne Umstellung abgeschlossen haben, bei der nur noch zwei zentrale Zentren für alle Kunden- und Bestandsdaten übrig bleiben. In den Büros seien dann nur noch standardisierte Anwendungen erlaubt, die nicht modifiziert werden dürften. (jk)