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Emotionale Spiele für Erwachsene

Remedy und thatgamecompany zeigten auf der Game Developer Conference in Köln, wie viel Emotionen bei "Alan Wake" und "Flower" im Spiel sind.

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"Action-Spiele bedienen sich meist eines Humors für Mittelstufenschüler. Aber wer sich nur an 14-jährige richtet, verschenkt eine Menge Potential", sagte Matias Myllyrinne von Remedy Entertainment auf der Game Developer Conference in Köln. Der Finne entwickelt derzeit das Action-Adventure "Alan Wake", das im kommenden Frühjahr für Xbox 360 und etwas später für den PC erscheinen soll. Remedy legt viel Wert auf die Geschichte und Atmosphäre, die an Werke von Alfred Hitchcock und Stephen King erinnern soll. Der Thriller spielt in einem kleinen Ort, umgeben von Bergen und düsteren Wäldern. "Großstädte sind bei vielen Entwicklern gerade in Mode. Wir wollten eher die Stimmung von Twin Peaks einfangen und uns von der Konkurrenz absetzen", erklärte Myllyrinne. Die Finnen wollen mit dem Spiel einen neuen Franchise beginnen, der ähnlich wie "James Bond" sich um eine markante Hauptfigur dreht, die immer wieder neue Abenteuer erlebt.

Twin Peaks auf finnisch: Remedy zeigte den interaktiven Thriller "Alan Wake".

Der Autor Alan Wake muss das mysteriöse Verschwinden seiner Lebensgefährtin aufklären. Statt einer dicken Pistole ist die Taschenlampe seine wichtigste Waffe. Mit ihr kann er Botschaften auf Wänden entdecken, und Schattenwesen in die Flucht schlagen. Damit das Spiel ein möglichst großes Publikum anspricht, soll sich der Schwierigkeitsgrad automatisch dem Können des Spielers anpassen. "Viele Spiele sind heutzutage zu schwierig, das verschreckt viele Kunden", sagte Myllyrinne. Ähnlich wie die früheren Remedy-Werke "Max Payne" soll auch "Alan Wake" technische Maßstäbe setzen. Remedy hat einen kompletten Tag-Nacht-Zyklus installiert, der die malerische Landschaft immer wieder in andere Lichtstimmungen versetzt.

Auch Kellee Santiago, Gründerin und Chefin von thatgamecompany, möchte mit ihren Spielen mehr Emotionen ansprechen als Angst, Spannung und Spaß. Damit Videospiele erwachsen werden und Alters-, Geschlechts- und Kulturgrenzen überwinden, müssen sie ein größeres emotionales Spektrum abdecken als bisher. "Die Spieleindustrie befindet sich in einer Phase, die die Filmindustrie auch anfangs durchgemacht und inzwischen aber überwunden hat", sagte Santiago.

Ein Dutzend Prototypen landeten im Papierkorb, bevor Kellee Santiago das Konzept für "Flower" im Kasten hatte.

Anfang des Jahres veröffentlichte thatgamecompany das innovative Spiel "Flower" auf der Playstation 3, das sich allen gängigen Konventionen und Genreschubladen entzog. Von der zweijährigen Entwicklungszeit verwendeten die Spieldesigner allein sieben Monate für das Ausprobieren rund eines Dutzends verschiedener Prototypen. Darunter waren Konzepte, in denen man mit einer Sonne Pflanzen wachsen lassen konnte, als Samen neue Blumen aussäte oder wie in einer Achterbahn über Blumenwiesen flog.

Zur schnellen Programmierung der Prototypen setzte thatgamecompany Microsofts XNA-Umgebung ein. Hier konnten sie bereits sehen, wie groß der Aufwand für die unterschiedlichen Konzepte ausfallen würde. Kam bei einem Spielkonzept nicht das richtige Spielgefühl auf, wurde es verworfen. So dauerte es 16 Monate, bis die Vorproduktionsphase abgeschlossen war und das sechs bis neunköpfige Team endlich mit der Umsetzung des finalen Spiels auf der PS3 anfangen konnten. Ein derart großer Aufwand für die Erstellung von Prototypen und kurzer Spieltestzyklen sei bei einem neuen Spielkonzept wie bei Flower notwendig, erklärte Santiago. "Solche Erfolge fallen nicht vom Himmel, Flower war kein Glückstreffer." Das Erwachsenwerden ist eben auch in der Spaßindustrie ein mühsamer Prozess. (hag)