Energiekrise: Städte bereiten "Leuchttürme" für Stromkollaps in Bayern vor

Ohne Strom geht selten viel. In Bayern hält man einen kompletten, landesweiten Stromausfall für möglich. "Leuchttürme" sollen dann die Rettung sein.

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(Bild: adriaticfoto/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Ulf Vogler
  • dpa
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Das Szenario eines tagelangen oder gar wochenlangen Stromausfalls kannte man bislang eher nur aus Katastrophenfilmen. Die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise lässt nun plötzlich diese Gefahr gar nicht mehr so unwahrscheinlich erscheinen. Die Kommunen bereiten sich jedenfalls derzeit auf solch einen "Blackout" vor, auch wenn sie jede Panik in der Bevölkerung vermeiden wollen. Einige Städte haben bereits sehr konkrete Notfallszenarien geplant.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz hatte bereits vor der Gaskrise und auch schon vor Corona darauf hingewiesen, dass Menschen bei sich daheim Notreserven anlegen sollten. Entsprechende Informationen wurden bereits vor Jahren veröffentlicht. Bei einem "Blackout" blieben Supermärkte und Tankstellen geschlossen, warnt die Behörde. "Auch Kühlschrank und Gefrierfach fallen aus und je nach regionalen Voraussetzungen kommt auch kein Trinkwasser mehr aus dem Wasserhahn."

In Augsburg trat kürzlich Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) vor die Presse, um klar zu machen, dass Bayerns drittgrößte Stadt vorbereitet sei. Die Augsburger Verwaltung betont wie andere auch, dass die Wahrscheinlichkeit für einen kompletten Stromausfall in Deutschland als gering eingestuft werde. Dennoch sollten die Bürgerinnen und Bürger auch ihren Beitrag leisten, "um für den Krisenfall gut vorbereitet zu sein", meinte Weber. Konkret ginge es darum, mit Taschenlampen und Kerzen, haltbaren Lebensmitteln, Frischwasser, einem batteriebetriebenen Radio und ähnlichem eine private Notvorsorge zu schaffen.

Bei der schwäbischen Stadt sollen bei einem "Blackout" die Berufsfeuerwehr und die Freiwilligen Feuerwehren dann sogenannte Leuchttürme aufbauen. Dort wird dann an einzelnen Orten in den Augsburger Stadtteilen mit Hochleistungsgeneratoren Strom zur Verfügung gestellt. Die Menschen könnten dann Babynahrung erwärmen oder lebensnotwendige Akkus von Beatmungsgeräten laden, erläutert die Stadt. Für die Trinkwasserversorgung gebe es Notbrunnen und für die Kommunikation der Einsatzkräfte Satellitentelefone.

"Leuchttürme" planen auch andere Städte. Diese sind dabei nicht nur Stromspender, sondern haben noch viel weitergehende Funktionen. Sie seien zentrale Stellen im Stadtgebiet, die den Menschen als Anlaufstellen dienen sollen, erläutert Johannes Viertlböck von der Stadt Landshut. "Dort wären unter anderem Erste Hilfe und Informationen zur aktuellen Lage erhältlich." In Nürnberg sollen die Gerätehäuser der Feuerwehren zu solchen "Leuchttürmen" werden, erläutert Andreas Franke von der Stadtverwaltung. Da könnten dann auch Notrufe veranlasst sowie Ruhe- und Wärmebereiche kurzzeitig angeboten werden.

Die Nürnberger Verwaltung setzt darauf, dass die Wasserversorgung durch die günstige Lage der Hochbrunnen auch bei Stromausfall gesichert ist. "Als Notmaßnahmen können aber, nach Festlegung durch den Krisenstab, zusätzlich über 100 Notbrunnen aktiviert werden", sagt Franke. Zur Information der Bevölkerung setzt die Frankenmetropole auf 106 einsatzbereite Sirenen im Stadtgebiet.

Auch in Augsburg gibt es noch Sirenen, das ist aber nicht überall so. Denn nach dem Ende des Kalten Krieges wurden vielerorts Sirenen abgebaut. In den vergangenen Jahren wurde zudem klar, dass moderne Alternativen wie Katastrophen-Apps für Handys die traditionelle Sirene nicht ersetzen können. Mittlerweile haben die Behörden deswegen begonnen, ein bundesweites Sirenennetz wieder aufzubauen.

Im Energienotfall geht es darum, insbesondere die sogenannte kritische Infrastruktur mit Strom zu versorgen. Kliniken haben meist eigene Generatoren, die bei einem Netzausfall erst einmal einspringen. Ähnliches gelte für Sicherheitsbehörden und die Betriebe der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, damit diese mit Notstromaggregaten handlungsfähig blieben, erklärt Michael Siefener vom Innenministerium in München. "In der Regel ist dies für einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden über entsprechende Treibstoffvorräte gesichert", sagt er.

Die Stadt München weist darauf hin, dass auch Altenheime oder andere Pflegeeinrichtungen in diese Kategorie fielen. "Sie werden deshalb im Falle eines Blackouts im Rahmen von Notfallplänen vorrangig mit Energie versorgt", erklärt Matthias Kristlbauer vom Presseamt der Landeshauptstadt.

Er sagt, dass eine Überlastung des Stromnetzes im kommenden Winter "grundsätzlich denkbar" sei. Denn manche Bürger könnten sich wegen der Gaskrise überlegen, die Wohnung mit elektrischen Alternativen wie Heizlüftern warm zu bekommen. "Dies ist aufgrund der Strompreise aber nicht nur die teurere Heizvariante, sondern sie birgt auch die Gefahr, dass es wegen Überlastungen zu Stromausfällen kommen kann", warnt Kristlbauer. Netzbetreiber wie die Münchner Stadtwerke rieten daher von der Nutzung von zusätzlichen Elektroheizungen ab.

Im oberfränkischen Bamberg wurde vor wenigen Tagen beschlossen, vier Arbeitsgruppen für einen "Blackout" zu bilden. Diese sollen beispielsweise Lösungen erarbeiten, wie im Katastrophenfall ein Minimalbetrieb des Rathauses aufrechterhalten werden kann. Eine andere Gruppe werde sich mit Kommunikationsmöglichkeiten ohne Strom beschäftigen, erläutert Amtsleiter Michael Memmel.

Auch in Würzburg gibt es bereits eine Koordinierungsgruppe. Unklar ist aber noch, welche Maßnahmen bei einem großen Stromausfall im Detail umgesetzt werden und welche Technik dafür bereitsteht. "Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Insofern ist es zu früh, hier konkrete Aussagen zu machen", sagt Stadtsprecher Christian Weiß.

In Regensburg bereiten sich verschiedene Ämter, die Berufsfeuerwehr und Hilfsorganisationen auf einen "Blackout" vor. "Im Gebäude der Hauptfeuerwache und in den vor Ort stationierten Fahrzeugen stehen mehrere Notstromerzeuger für Feuerwehreinsätze und Gerätschaften zur Verfügung", sagt Stadtsprecherin Juliane von Roenne-Styra.

(mho)