Energieversorger: 19 Prozent Erdgas kurzfristig ersetz- und einsparbar

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat ausgerechnet, wie viel Erdgas sich einsparen lässt. Dabei sind auch Privatverbraucher gefordert.

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Kraftwerk Bremen-Hastedt

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 3 Min.

In Deutschland lassen sich kurzfristig, also bis weit in den nächsten Winter, 19 Prozent des Edgasbedarfs in Deutschland substituieren oder einsparen. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Das entspreche einem Drittel der Gasimporte aus Russland.

Im vergangenen Jahr machten laut BDEW Lieferungen aus Russland einen Anteil von 55 Prozent am gesamten Gasverbrauch in Deutschland aus, mittlerweile beträgt er etwa 40 Prozent, die fehlenden Mengen aus Russland wurden durch Lieferungen aus den Niederlanden und Norwegen ausgeglichen. Wenn dieser Importanteil beibehalten würde, könnten kurzfristig knapp die Hälfte der russischen Gaslieferungen vermieden beziehungsweise ausgeglichen werden, geht aus einer Berechnung des BDEW (PDF) hervor. Der Anteil der inländischen Erdgasförderung am Erdgasverbrauch Deutschlands betrug 2021 rund 5 Prozent. Kurzfristig ließe sich die Förderung um 5 bis 10 Prozent der aktuellen Fördermengen steigern.

Im Bereich der Kraftwerke, Heizkraftwerke und Heizwerke, die mit 113 Milliarden kWh 31 Prozent des Erdgases verbrauchen, ergibt sich demnach ein Substitutions- und Reduktionspotenzial von 36 Prozent. Ebenfalls 31 Prozent beträgt der Anteil privater Haushalte einschließlich Wohnungsgesellschaften. Hier geht der BDEW von 15 Prozent Reduktions- und Substitutionspotenzial aus. Die 24 Prozent der produzierenden Industrie sollen ein Minderungspotenzial von 8 Prozent haben. Hinzu kommen noch kleinere Bereiche wie Handel und Dienstleistungen sowie Verkehr.

In Deutschland nutzen etwa 21 Millionen private Haushalte Erdgas, 2021 verbrauchten sie insgesamt rund 310 Milliarden kWh Erdgas, zu 80 Prozent für Raumwärme und Warmwasserbereitung. Die großen Einsparpotenziale in der Raumwärme, die durch Komfortbedürfnisse und technische Ausstattung bestimmt werden, könnten durch eine massive Einsparkampagne der Bundesregierung erschlossen werden, meint der BDEW. Die zu erwartenden massiven Preissteigerungen für Heizenergien würden voraussichtlich dazu führen, dass Haushalte mehr Energie einsparen oder Zusatzheizungen einsetzen, die mit Holz oder Strom betrieben werden.

Tipp vom BDEW

"Als Faustregel kann gelten, dass eine Reduzierung der Raumtemperatur in der Heizperiode um 1 °C eine Verbrauchsminderung von etwa 5 bis 6 Prozent bewirkt."

Die ungekoppelte Stromerzeugung lasse sich vollständig reduzieren, wenn die Strommengen durch andere Erzeugungsarten ersetzt werden können. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass bei den aktuellen Gaspreisen diese Kraftwerke derzeit schon nur sehr geringe Auslastungen aufweisen, merkt der BDEW an. Auch seien Aspekte wie die Systemsicherheit in den Stromnetzen für die Bewertung heranzuziehen. In einzelnen Stunden können Gaskraftwerke unabhängig von der Wärmebereitstellung zur Spitzenlastdeckung erforderlich sein.

Der Gasbedarf von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen könne nur eingeschränkt reduziert werden, da sie Fernwärme lieferten. Die kurzfristigen Einsparpotenziale in der Industrie seien insgesamt begrenzt, da die Nutzung der Prozesswärme meist notwendig sei, um die Produktion aufrechtzuerhalten und Substitutionspotenziale oft nur durch Investitionen für Umrüstungen mit entsprechender Planungs- und Realisierungszeit erschlossen werden könnten.

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Der BDEW betont, die errechneten Potenziale basierten auf der technischen und prozessualen Machbarkeit. Wirtschaftlichkeitsaspekte, regulatorische Hemmnisse oder restringierende externe Faktoren wurden nicht berücksichtigt. Für die Berechnungen der Potenziale von Haushalten, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Verkehr hat der BDEW die Verbräuche aus dem 2021 wegen der kühleren Witterung verwendet. Für Kraftwerke und Industrie hat er die Verbräuche des Jahres 2020 herangezogen, weil das Coronajahr 2020 sich wie das Jahr 2022 durch eine etwas geringere wirtschaftliche Aktivität kennzeichnet. Außerdem lägen Daten für 2021 noch nicht detailliert vor.

(anw)