Epic-Streit: Wie verbissen Google den Play Store von Android verteidigt

Deals mit Handy-Herstellern und Entwicklerstudios: Ein Gerichtsdokument von Epic Games legt Googles kostspieliges Bemühen um die Vormacht des Play Store offen.

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(Bild: BigTunaOnline/Shutterstock.com)

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Um die marktbeherrschende Stellung des Play Store zu verteidigen, griff Google tief in die Tasche. Das belegt ein Dokument aus dem Rechtsstreit zwischen Epic Games und Google, das nun ungeschwärzt vorliegt. Demnach schloss Google Verträge mit Entwicklerstudios und Handy-Herstellern, um die Vormachtstellung seines Android-Ladens sicherzustellen.

Bei dem Gerichtsdokument handelt es sich um einen von Epic Games gestellten Änderungsantrag an der ursprünglichen Klageschrift, der sich auf neue Erkenntnisse aus der Gerichtsverhandlung stützt. Es zeigt eindrücklich, wie ernst Google die Bedrohung durch "Fortnite" nahm: Epic Games hatte sein beliebtes Spiel zuerst außerhalb des Play Stores veröffentlicht, um Googles 30-Prozent-Gebühr für Spiele-Umsätze im Play Store nicht zahlen zu müssen. Google befürchtete offenbar, dass weitere Spiele diesem Vorbild folgen könnten. Im Gerichtsdokument werden Sony, Nintendo, Valve und Blizzard namentlich als Beispiele genannt.

Um das zu verhindern, soll Google direkt auf Entwicklerstudios zugegangen sein: Über 20 der erfolgreichsten Studios sollen Geld dafür erhalten haben, ihre Anwendungen weiter im Play Store zu veröffentlichen, wirft Epic Google vor. Dokumente von Google sollen belegen, dass das Unternehmen mehrere Hundert Millionen US-Dollar an die Top-Entwicklerstudios zahlte, solange sie ihre Spiele weiter exklusiv im Play Store anbieten. Zu den umworbenen Studios gehört laut dem Gerichtsdokument neben Activision-Blizzard auch Tencent.

In einem Statement an The Verge bestätigte Google dieses Vorgehen. Google konkurriere mit anderen App Stores um das Geschäft von Entwicklern, sagte ein Sprecher. Daher biete Google schon länger Programme an, die herausragende Studios mit Ressourcen und Investitionen unterstütze. Das sei "Zeichen eines gesunden Wettbewerbs" zwischen Betriebssystemen und App-Stores und für die Entwicklerstudios vorteilhaft.

Laut den Gerichtsdokumenten hat Google aber nicht nur Entwicklerstudios umgarnt, sondern auch die Hersteller von Smartphones: Ab 2019 sollen Unternehmen wie Samsung, LG und Motorola Angebote bekommen haben, an einem sogenannten "Premier Device Program" teilzunehmen. Dabei wurden den Herstellern verschiedene finanzielle Vorteile angeboten, solange sie sich an einige Vorschriften hielten.

Allen voran: Geräte des "Premier Device Programs" durften abseits des Play Store keine anderen App-Stores oder andere Programme zur Installation von APKs vorinstalliert haben. Dafür sollten Hersteller 12 Prozent statt der üblichen 8 Prozent der mit ihren Geräten generierten Suchumsätze erhalten. Außerdem trat Google dem Dokument zufolge zwischen 3 und 6 Prozent der mit dem Play Store generierten Umsätze an teilnehmende Handy-Hersteller ab. Google soll es Teilnehmern an diesem Programm außerdem untersagt haben, derartige Informationen öffentlich zu teilen.

Bei den verschiedenen Smartphone-Herstellern traf das Vorgehen Googles auf unterschiedliche Akzeptanz: Laut Epics Anwälten haben vor allem HMD Global (Nokia), Motorola und LG vom "Premier Device Program" Gebrauch gemacht. HMD habe 100 Prozent, Motorola 98 Prozent und LG 95 Prozent seiner Handys im Einklang mit den Google-Vorschriften gestaltet.

Das chinesische Unternehmen BBK, dem Oppo, Vivo und OnePlus gehören, habe 70 Prozent seiner Handys fürs Premier-Programm bereitgestellt. Bei Sony sollen es 50, bei Xiaomi 40 Prozent gewesen sein. Samsung wird in diesem Zusammenhang nicht genannt – das südkoreanische Unternehmen bietet mit seinem Galaxy Store einen eigenen App-Laden für Android-Geräte an.

Effektiv sollten diese Anreize verhindern, dass alternative App-Stores sich zu einer echten Bedrohung für den Play Store entwickeln können – Google-Manager sollen das Programm als einen vollen Erfolg gesehen haben, schreiben Epics Anwälte. Wie ernst Google die Gefahr durch den "Fortnite"-Entwickler sah, zeigt ein weiterer Vorwurf aus dem Gerichtsstreit, der Anfang August bekannt wurde: Demnach soll Google sogar in Erwägung gezogen haben, Epic Games zu kaufen. Diese Maßnahmen seien auch eine direkte Reaktion auf die Veröffentlichung von "Fortnite" außerhalb des Play Stores gewesen.

Für Google ist der Play Store eine wichtige Umsatzquelle: Das Unternehmen behält zwischen 15 und 30 Prozent aller Umsätze von Apps ein, die über den Play Store vertrieben werden. Das umfasst In-App-Käufe. Laut der Analyse-Firma SensorTower sollen Nutzerinnen und Nutzer im vergangenen Jahr über 38 Milliarden US-Dollar im Play Store ausgegeben haben, über 10 Milliarden US-Dollar dürften davon bei Google gelandet sein. Sollte die Dominanz des Play Stores auf Android-Geräten untergraben werden, würde sich das unmittelbar auf Googles Umsatz auswirken.

Epic und Google streiten sich vor Gericht über die Offenheit des Android-Ladens Play Store. Der "Fortnite"-Entwickler wirft Google vor, mit seinen Geschäftspraktiken den Wettbewerb von App Stores auf dem Android-Betriebssystem zu untergraben und Entwicklerstudios mit seiner Provision auszuquetschen. Google vertritt die Linie, Android sei eine offene Plattform, weil man grundsätzlich auch Apps aus anderen Läden herunterladen kann. Epic erhebt ähnliche Vorwürfe auch gegen Apple.

(dahe)