Ergebnisse beim Treffen der Internet Society

Beim diesjährigen Treffen der Internet Society ging es vor allem um die Vergabe der Domainnamen und die Einrichtung neuer generic Top Level Domains.

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Von
  • Florian Rötzer

Beim diesjährigen Treffen der Internet Society ging es vor allem um die Vergabe der Domainnamen und die Einrichtung neuer generic Top Level Domains. "Wir haben uns ein Jahr lang im Kreis gedreht", meint Don Heath, Präsident der ISOC. Schuld an der Verzögerung war die Einmischung der US-Regierung in den Gestaltungsprozeß, die Ende Januar ein Green Paper mit ihren Vorstellungen zur zukünftigen Verwaltung der sich in den Top Level Domains manifestierenden Basisökonomie des Netzes "erließ". Die Clinton/Gore-Administration wollte damit die Verschiebung der Machtverhältnisse nach Europa rückgängig machen und sich als legitime Verwalterin des in Nordamerika entstandenen Netzes positionieren.

"Wir haben zweitausend Seiten an Stellungnahmen zum Green Paper erhalten", erklärt Ira Magaziner, Senior Advisor von Bill Clinton in Internetfragen und eigentlicher Verfasser des Entwurfs. "Daraufhin haben wir substantielle Änderungen eingebaut: Weniger als 10 Prozent der Kommentierenden sprachen sich für eine Einbeziehung der Regierung aus, also haben wir uns zurückgezogen." Tatsächlich überläßt das Ende Mai herausgegebene White Paper der Internet Community die Selbstverwaltung der Netzressourcen: für die Aufsicht über das Domain Name System (DNS) schlägt es die Schaffung einer privaten, nicht-kommerziellen Institution vor, die von einem 15-köpfigen Direktorium geleitet werden und alle weiteren Fragen wie die Schaffung neuer Top Level Domains, die Zuordnung von IP-Nummern zu Domain Names oder die Operation der zentralen Root-Server des Netzes entscheiden soll.

Die Reaktion auf das White Paper aus Kreisen der internationalen Internetgemeinde war bisher überwiegend positiv. Don Heath bestätigte der amerikanischen Regierung, daß sie "die Dynamik des Internet, das Verlangen nach einer von unten nach oben gerichteten Vertrauensschaffung" verstanden habe und sprach von einem "Sieg für das Internet und einem Sieg der Selbstregulierung." Doch die eigentlichen Fragen der Selbstverwaltung treten seit dem Rückzug des Weißen Hauses erst in den Vordergrund und bildeten auch einen der Hauptstreitpunkte während der INET 98: Ist Selbstregulierung mit friedlicher Anarchie, mit grundlegender Koordination oder mit einem autoritären Verwaltungsgremium für das Netz gleichzusetzen? Wer übernimmt die Abwägung wirtschaftlicher, privater und allgemeiner Interessen? Welche Rechte sollen klassische Markenhersteller bei der Namensvergabe haben? Ist die Selbstregulierung generell nur ein Prinzip für die Verwaltung des DNS oder gilt sie auch für die Kontrolle von inhaltlichen oder datenschutzrechtlichen Angelegenheiten?

Angesichts der sich abzeichnenden prinzipiellen Übereinstimmung und den trotzdem nicht zu verbergenden Differenzen in der Ausfüllung des Schlagwortes Selbstregulierung sehen viele die Neugestaltung der Verwaltungsgremien des Namensraums des Internet als wichtigen Test der zukünftigen Internetselbstbestimmung an. Wer sich allerdings konkrete Ergebnisse vom direkt an die INET 98 angeschlossenen zweiten Treffen des International Forum on the White Paper versprach, wurde enttäuscht. Obwohl mehr als 300 Organisationen aus aller Welt vertreten waren, gelang kein Durchbruch in der Debatte. Einig wurden sich die Versammelten nur darin, das Board der "Neuen IANA" nicht mit Vorständen von Interessengruppen zu besetzen, sondern mit Figuren aus der Internet Community, denen bereits Vertrauen entgegengebracht wird.

Mehr in Telepolis von Stefan Krempl: Selbstregulierung - der Heilige Gral des Internet (fr)