Erneut Vorwürfe gegen N26: Betrüger könnten 1600 Konten genutzt haben

Rund 1600 Konten bei der Smartphone-Bank N26 könnten laut einem Bericht des Handelsblatts von Betrügern genutzt worden sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 77 Kommentare lesen

(Bild: JulianJD/Shutterstock)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Zum wiederholten Male sieht sich die Smartphone-Bank N26 mit Vorwürfen konfrontiert, dass ihre Konten möglicherweise für Geldwäsche und Betrug missbraucht werden. So berichtet das Handelsblatt von einer Liste mit rund 1600 zwischen Mai 2019 und Juli 2021 bei N26 eröffneten Konten, die dem Anschein nach für Fake-Shops und betrügerische Ebay-Accounts verwendet wurden.

Die Liste wurde von einem Experten erstellt, der unter dem Pseudonym "Detektei Köhler" im Forum Auktionshilfe.info aktiv sei schon seit Jahren Informationen über solche Betrugsmethoden sammele, schreibt das Handelsblatt. Die Daten stammten aus öffentlichen Quellen wie Nutzerpostings auf auktionshilfe.info sowie aus Leaks. Allein in diesem Jahr seien mehr als 1000 der Kontonummern bekannt geworden.

N26 erklärte auf Anfrage von heise online, dass man aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Informationen zu einzelnen Konten geben könne. Allerdings bestätigte ein Sprecher, dass die Liste N26-Konten enthalte, die wegen betrügerischen Vorgehens bereits fast alle erfasst und geschlossen seien, die meisten davon im Jahr 2019. Wie viele Konten das genau sind, sagte der Sprecher nicht. Ebenfalls gebe es eine Konten-Anzahl im einstelligen Bereich, bei der derzeit noch eine Analyse laufe. Ob die Gesamtzahl der Konten auf der Liste verdächtig ist oder ob auch zu Unrecht verdächtigte Konten enthalten sind, ließ N26 offen.

Generell sieht N26 eine Zunahme an Betrugsversuchen, was unter anderem am pandemiebedingten E-Commerce-Boom liege, der auch Kriminelle angelockt habe. Der gesamte Banken- und Finanzbereich habe eine steigende Anzahl von Online-Betrug und Finanzkriminalität gesehen, hieß es von dem Geldinstitut. Eine geläufige Masche sei es, dass die Betrüger Dritte gegen Bezahlung oder per Social Engineering zu Kontoeröffnungen brächten und die Konten dann für Fakeshops nutzten. "Wir wissen, dass wir dieses globale Problem der Banken- und Finanzbranche nicht alleine lösen können“, sagte der Sprecher und verwies auf Investitionen in mehr Personal und bessere Systeme für Überwachung und Verifikation.

Dennoch scheint die Bank ein beliebteres Anlaufziel für Betrüger als andere Geldhäuser zu sein. Eine Umfrage des Handelsblatts unter Landeskriminalämtern habe etwa ergeben, dass N26 im Vergleich zu anderen Banken überdurchschnittlich häufig durch Geldwäscheverdachtsmeldungen auffiele. Das LKA Niedersachsen etwa hatte demnach für 2019 455 Fälle bei N26 gemeldet bekommen, was 12,5 Prozent aller in dem Jahr gemeldeten Fälle ausgemacht habe. 2020 sei der Anteil auf 3,5 Prozent gesunken und 2021 schon wieder auf bislang 13,5 Prozent hochgeschnellt.

Die Finanzaufsicht Bafin hat in der Frage bereits zweimal bei N26 nachgefasst. Erst im Mai hatte die Behörde bei N26 zu einem schärferen Vorgehen gegen Geldwäsche gedrungen und einen Sonderbeauftragten zur Überwachung eingesetzt. Die Smartphone-Bank solle Defizite sowohl im EDV-Monitoring als auch bei der Identifizierung und Verifizierung von Kunden beseitigen, erklärte die Bafin. Des Weiteren müsse die Bank "eine angemessene personelle und technisch-organisatorische Ausstattung zur Einhaltung ihrer geldwäscherechtlichen Verpflichtungen" sicherstellen.

Zuvor hatte die Bafin im Mai 2019 Mängel bei der Betrugs- und Geldwäscheprävention der Neobank gerügt, worauf N26 Besserung und personelle Aufstockung gelobte. Im Juni 2019 wurde dann sogar bekannt, dass einige Volksbanken zeitweise die Überweisungen an bestimmte Onlinebanken, darunter auch N26, eingestellt hatten, weil Betrugsfälle überhandnahmen.

Dem rasanten Wachstum der Bank, die eigenen Angaben nach inzwischen über sieben Millionen Kunden hat, tut das offenbar aber keinen Abbruch. Auch in den kommenden Jahren wolle man in den USA und im europäischen Kernmarkt weiter zulegen, hieß es von N26. Bis Ende des Jahres will die Neobank dann auch nach bisherigen Verlusten schwarze Zahlen schreiben. Unbestätigten Berichten zufolge wird auch bereits eine neue Finanzierungsrunde vorbereitet, bei der man mehrere hundert Millionen Dollar von Investoren einsammeln will. Derzeit liegt die Bewertung des Unternehmens bei 3,6 Milliarden US-Dollar.

(axk)