Erste Bilanz zu Studiengebühren in Baden-Württemberg

Die Hochschulen in Baden-Württemberg verwenden die Studiengebühren aus Sicht des Wissenschaftsminister zu wenig für Professorenstellen. Ob die Gebühren junge Leute von den Unis fernhielten, kann der Monitoring-Beirat frühestens im kommenden Jahr sagen.

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Von
  • Heike Sonnberger
  • dpa

Viele neue Lehrkräfte, aber kaum mehr Professoren: Die Hochschulen in Baden-Württemberg verwenden die Studiengebühren aus Sicht von Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) zu wenig für zusätzliche Professorenstellen. Seit der Einführung der Gebühren vor einem Jahr sei zwar rund die Hälfte der Einnahmen in zusätzliches Personal geflossen, aber kaum neue Professoren eingestellt worden, sagte Frankenberg am Montag in Stuttgart. "Das Hauptziel der Einführung von Studiengebühren ist die Verbesserung der Betreuungsrelation", mahnte er.

Studentenvertreter kritisierten, dass die Mittel nur zur Verbesserung der Lehre verwendet werden dürfen. "Es stehen inzwischen in allen Hörsälen Beamer und das Geld liegt brach", sagte Boris Bartenstein, Sprecher der Landesastenkonferenz, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die Hochschulen sollten selbst entscheiden dürfen, ob sie das Geld auch für Forschung oder Neubauten verwenden wollten. Seit dem Sommersemester 2007 zahlen Studenten in Baden-Württemberg 500 Euro je Semester.

Am Montag wurde auch ein Zwischenbericht des Monitoring-Beirats vorgestellt, der die Auswirkungen der Gebühren untersuchen soll. Der Vorsitzende Eibe Riedel sprach sich für eine stärkere Förderung von Hochbegabten und den Ausbau von Stipendien aus. Außerdem sollten Studenten aus Entwicklungsländern stärker unterstützt werden. Ob die Gebühren junge Leute von den Unis fernhielten, kann der Beirat laut Riedel frühestens im kommenden Jahr sagen. Dazu müssten zunächst weitere Daten erhoben werden. Nach Berechnungen des Statistischen Landesamts waren an den 70 Hochschulen im Südwesten im Wintersemester 2007/08 rund 231 500 Studierende und damit etwa fünf Prozent weniger eingeschrieben als ein Jahr davor.

Frankenberg räumte "Engpässe" bei der Verteilung der Einnahmen aus den Gebühren ein. Riedel sagte: "Am Anfang kam das Füllhorn und die meisten Hochschulen hatten Schwierigkeiten, dieser plötzlichen Fülle an Mitteln gerecht zu werden." Zuvor hatte es Berichte gegeben, dass die Studiengebühren etwa zur Begleichung von Heizkosten zweckentfremdet worden seien. Bartenstein monierte, dass der von der Landesregierung beschlossene Zinssatz für Studienkredite viel zu hoch sei. Die 5,5 Prozent seien "nicht fair" gegenüber Studenten, deren Eltern sie nicht finanziell unterstützen könnten. Frankenberg wies die Kritik zurück: "Ich glaube, dass die Zinslimitierung auf 5,5 Prozent nun wirklich ein rundes Paket der Sozialverträglichkeit der Studienkredite ergibt." Anfang Mai hatte die Landesregierung den Zinssatz von 7,6 auf höchstens 5,5 Prozent gesenkt. Der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, André Schnepper, sagte: "Auch bei einer niedrigeren Verzinsung, das zeigen die Erfahrungen aus den anderen Gebührenländern, wird ein weiterer Rückgang der Studierendenzahlen nicht zu verhindern sein. Die Verschuldungsangst bleibt die gleiche."

Frankenberg will die Studiengebühren unbedingt beibehalten. "Wir würden unser System ruinieren, wenn wir auch nur einen Wimpernschlag daran denken würden, hier in irgendeiner Weise eine andere Richtung einzuschlagen." Der Beirat sprach sich dafür aus, an den Hochschulen eine Beschwerdestelle sowie eine unabhängige Koordinierungsinstanz auf Landesebene zu schaffen. "Das Land muss sehr sehr sorgfältig überprüfen, dass die Sozialverträglichkeit gewahrt bleibt", sagte Riedel. (}Heike Sonnberger, dpa) / (jk)