Erste Klage gegen VeriSigns SiteFinder

Das Unternehmen Popular Enterprises/Netster klagt, da VeriSign durch die Umleitung aller Domain-Vertipper der eigenen Software SmartBrowse das Wasser abgräbt.

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Von
  • Monika Ermert

Knapp eine Woche nach der Einführung von Wildcards für die com- und net-Adresszonen hat VeriSign die erste Klage am Hals. Das Unternehmen Popular Enterprises/Netster klagt vor einem Gericht in Florida, da VeriSign durch die Umleitung aller Domain-Vertipper der eigenen Software SmartBrowse völlig das Wasser abgräbt.

Für die SmartBrowse-Software von Netster bedeutet VeriSigns eigenmächtige Veränderung in den beiden Adresszonen praktisch das Aus. Die 1,4 Millionen SmartBrowse-Nutzer erhielten beim Eintippen nicht-registrierter Domains oder auch bei Vertippern ähnliche "Hilfestellung" wie VeriSign sie jetzt ausnahmslos allen Nutzern angedeihen lässt. Das Geschäft, das Netster zusätzlich durch die Registrierung der "beliebtesten" Vertipper-Domains gemacht hat, hat sich ebenfalls erledigt. Die Schadenssumme schätzen die Kläger auf über 100 Millionen US-Dollar.

Netster beschuldigt VeriSign der Ausnutzung seines Quasi-Monopols als zentrale Registry für .com und .net und des unlauteren Wettbewerbs. Auch das Geschäft von Microsoft und AOL, die Suchseiten für Vertipper auf Clientebene anbieten, dürfte entscheidend beeinträchtigt sein, heißt es in der Klageschrift. Noch haben sich die beiden Großen mit einer Klage zurückgehalten.

VeriSign könnte auch unter den Beschuss von Datenschützern kommen. Die Tatsache, dass auch Email-Vertipper beim Unternehmen landen und damit Absender und auch die meist leicht rekonstruierbaren Adressaten protokolliert werden, bringt die Netzgemeinde besonders auf die Palme. "Dazu kommt, dass die entsprechende Mailserversoftware noch nicht einmal gängigen Standards entspricht", sagt Netzadministrator Nils Ketelsen. Bei VeriSign zieht man es derzeit vor, auf alle Fragen in Bezug auf die E-Mail-Problematik mit mageren Sätzen zu antworten: "Die Veränderungen haben keine Auswirkungen auf andere Protokolle als HTML." Keine echte Antwort hat man auch auf das Problem, dass die Spam-Abwehr leidet, weil nicht mehr überprüft werden kann, ob die E-Mail von einer existierenden Domain kommt.

Klar ist, dass VeriSign weitere Klagen erwarten darf. Bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) ging mindestens eine Beschwerde eines britischen Consulting-Unternehmens ein. "Wir arbeiten im Moment an einem Statement", sagte eine ICANN-Sprecherin gegenüber heise online. Auch beim Internet Architecture Board, das bereits massiv gegen die Kanalisierung von nicht-Ascii-Domainanfragen auf die VeriSign Seiten geschossen hatte, ist man nicht untätig. Geoff Huston, Geschäftsführernder Direktor des Internet Architecture Board (IAB) ließ auf Anfrage wissen: "Das IAB prüft derzeit Verisigns Veränderungen der Operationen der von VeriSign gemanagten Zonen bei der Einführung der Wildcard Records und der damit verbundenen Server. Das IAB plant eine Stellungnahme dazu, welche Architekturfragen dies aufwirft." IAB-Chair Leslie Daigle dürfte in diesem Fall als VeriSign-Mitarbeiterin als befangen gelten.

Während an der juristischen Front der Streit erst begonnen hat, wollen manche Administratoren massivere Geschütze auffahren. Ein Bind update erlaubt es laut Ketelsen, "von bestimmten Zonen keine A-Records mehr zu akzeptieren". Damit könnten Antworten auf Grund der Wildcard-Einträge ausgefiltert werden. In den USA wird von manchen verärgerten Admins daran gebastelt, die VeriSign-Routen zu umgehen. Doch das, so fürchten gemäßigte Beobachter, könnte sich zu einer regelrechten Technikschlacht auswachsen. (Monika Ermert) / (wst)