Weiche Roboterhand ertastet Objekte ohne integrierte Sensoren

Roboterhände, die etwas ertasten sollen, benötigen gemeinhin eine aufwendige, integrierte Sensorik. Es geht aber einfacher, wie Forscher herausgefunden haben.

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(Bild: AMOLF)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Wissenschaftsteam der Eindhoven University of Technology hat eine Roboterhand entwickelt, die Drücke auf weiche Finger wahrnehmen kann, ohne dass darin Sensoren eingebaut sind. Solche "gefühlvollen" Hände könnten bei der automatisierten Ernte eingesetzt werden, um den Reifegrad von Früchten festzustellen.

"Wie können wir Softroboter in die Lage versetzen, etwas zu fühlen, ohne dass sie dafür eingebaute Sensoren benötigen? Das können wir jetzt tun, indem wir den Druck von außen messen", sagt Bas Overvelde, einer der Forscher der AMOLF Soft Robotic Matter Group, die die Roboterhand entwickelt haben. Wie das genau geht, erläutern die Forscher in ihrem wissenschaftlichen Paper "A retrofit sensing strategy for soft fluidic robots", die in Nature Communications veröffentlicht ist.

Die Roboterhand besteht aus vier weichen Silikonfingern, in die Luftkammern eingelassen sind. Die Finger werden durch Luftdruck bewegt, greifen also zu, wenn sie wie ein Luftballon aufgeblasen werden. Treffen sie bei einem Greifvorgang auf ein Objekt, so wird mehr Kraft benötigt, um sie aufzublasen. Diese Kraft messen die Forscher extern, sodass in den weichen Roboterfingern keine harten Sensoren eingebaut sein müssen.

Das dafür nötige Messsystem besteht aus einem Ballon, in dem zunächst Luft gepumpt wird. Aus diesem Ballon strömt dann die Luft während des Greifvorgangs in die Finger. Dabei wird gemessen, wie viel Druck dafür benötigt wird. Der Druck gibt Hinweise darauf, wie die Oberfläche des Objekts beschaffen ist. Damit kann das System bestimmen, wie es das gegriffene Objekt behandeln soll.

Ein Beispiel für die Anwendung ist das Pflücken von Tomaten, das die Wissenschaftler praktisch ausprobiert haben. Dazu greift die Roboterhand eine Tomate, bis sie sie fest hält, dreht sie und pflückt sie ab. Der beim Greifvorgang gemessene Druck gibt nicht nur Aufschluss darüber, ob die Tomate fest genug gehalten wird, sondern lässt auch Rückschlüsse auf den Reifegrad der Tomate zu. Bei einer überreifen Tomate etwa ist der nötige Druck geringer, bei einer reifen Tomate höher, da sie fester ist. Überreife Tomaten können so aussortiert werden, Tomaten, die noch nicht reif sind, werden gar nicht erst gepflückt.

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"Sensoren sind hart, und das ist für weiche Roboterfinger nicht ideal. Außerdem muss man für jede Anwendung neue Sensoren entwickeln, die auch für den Einsatz in Lebensmitteln oder medizinischen Anwendungen geeignet sein müssen. Wir haben ein Plug-and-Play-System entwickelt und gezeigt, dass es auf einer Vielzahl von Softrobotern eingesetzt werden kann, ohne dass dazu viele Anpassungen erforderlich sind."

Die Einsatzmöglichkeiten für die sensorlosen Finger sind sehr weitläufig und gehen über das Pflücken von Tomaten oder Obst hinaus, wie die Forscher erläutern. So haben sie das Messsystem etwa zur externen Steuerung eines Miniatursaugers verwendet, der bei minimalinvasiven Eingriffen wie der Endoskopie zum Einsatz kommen kann. Entwickelt haben die Forscher ihn zusammen mit Kollegen der Delft University of Technology. Der Saugnapf misst bei den Eingriffen, welche Art von menschlichem Gewebe er greift. Das führt zu deutlich weniger Gewebeschäden.

Andere Roboter können die weiche Roboterhand dazu verwenden, um festzustellen, welche Größe, Form und Oberflächenstruktur ein ergriffenes Objekt hat. Deshalb ist das System dazu geeignet, in vielen verschiedenen Robotern verwendet werden zu können.

Die Forscher wollen jedoch noch einen Schritt weitergehen und als weitere Messgrößen etwa das Gewicht eines Objekts bestimmen. Auch andere Arten von Messungen sollen dann mit dem System machbar sein.

(olb)