Ethikrat kritisiert sicherheitspolitische Forderungen
Der Vorsitzende des Nationalen Ethikrates, Spiros Simitis, warnt vor einem Abdriften in eine "totalitäre Gesellschaft".
Der Vorsitzende des Nationalen Ethikrates, Spiros Simitis, warnt vor einem Abdriften Deutschlands in eine "totalitäre Gesellschaft". In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau für die Freitagsausgabe sagte Simitis zum Ruf nach einer Verschärfung der Gesetze und einem verstärkten Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden: "Sie können nicht in einer demokratischen Gesellschaft den Knopf, so wie es jetzt in Deutschland und Europa versucht wird, immer nur weiterdrehen. Wenn man das tut, führt das dazu, ob man will oder nicht, dass man in einer totalitären Gesellschaft landet."
Die Gesellschaft sei "am Grundbestand unserer verfassungsrechtlichen Vorgaben angelangt". Zu Forderungen nach einem ungehinderten Informationsaustausch zwischen Geheimdiensten und Polizei sagte Simitis, es bedürfe laut Bundesverfassungsgericht einer "scharfen Trennung zwischen den Sicherheitsbehörden und den Daten, die diese erheben". Simitis beklagte, auf EU-Ebene würden Maßnahmen ohne die Diskussion über die notwendigen Begrenzungen des Datenflusses befürwortet. Die EU sei jedoch verpflichtet, den Datenschutz zu beachten. Fehlten diese Begrenzungen, so Simitis, drohe "grenzenlose Manipulation". Der rot-grünen Regierung und dem Bundestag warf Simitis vor, es immer häufiger zu versäumen, bei Gesetzesänderungen "den Bezug zur Verfassung herzustellen".
Günther Beckstein hält es in einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau dagegen für "richtig und längst überfällig", dass "Polizei und Geheimdienste sich europaweit nicht länger gegeneinander im Kampf gegen den Terrorismus abschotten". Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen ergäben sich laut Beckstein "weder aus dem Trennungsgebot von Polizei und Diensten, noch aus dem Gesichtspunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung". Allerdings wandte sich Beckstein dagegen, "ein deutsches FBI oder ein Moloch-Bundesamt für Verfassungsschutz" zu bilden. (anw)