Ethos Capital steigt zum weltweit größten TLD-Anbieter auf

Dafür schluckt die Investmentfirma mal eben den bis dahin größten Top-Level-Domain-Anbieter – nachdem 2020 der Kauf der .org-Registry noch gescheitert war.

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(Bild: alphaspirit/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

In einer knappen Mitteilung teilte der Investor Ethos Capital Ende Januar mit, dass er Mehrheitseigner des Top-Level-Domain-Betreibers Donuts wird. Den Kaufpreis nannten die Unternehmen nicht. An der Mehrheitsübernahme fällt auf, dass Donuts selbst erst Ende 2020 mit der US-Firma Afilias die Nummer 2 am Markt übernommen hatte. Auch dabei blieb der Kaufpreis Geheimsache. Und Ethos Capital wiederum war erst im April 2020 mit dem Versuch gescheitert, die .org-Registry PIR zu kaufen, um die Non-Profit-Organisation in ein gewinnorientiertes Unternehmen umzuwandeln. Gegen den zunächst lange verheimlichten Milliarden-Deal hatte sogar die Bundesregierung Einwände.

Der aktuelle Schritt von Ethos lässt auch deshalb aufmerken, weil Donuts den Zukauf von Afilias noch nicht voll verdaut hat. Bei Ethos sei man nun gut beschäftigt mit dem eigenen Wachstum, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Aber "wir halten die Augen offen mit Blick auf Möglichkeiten, auch durch Zukäufe weiter zu wachsen." Während manche Marktbeobachter beschwichtigen, dass sich für Domainkunden fast nichts ändere, warnen andere vor steigenden Preisen.

Ethos Capital haben ehemalige ICANN-Mitarbeiter passend für den Kaufversuch der .org-Registry gegründet. Zu den Hauptakteuren zählt der ehemalige ICANN-CEO Fadi Chehadé. Mit dem Donuts-Kauf, der rund 450 Top-Level-Domains einbringt, wird Ethos aus dem Stand größter TLD-Anbieter. Es sieht so aus, als hätten Chehadé und Mitstreiter damit endlich die Anlagemöglichkeit für das Kapital gefunden, das sie ursprünglich für den Kauf der .org-Registry gesammelt hatten.

Weitere Bewegung im Markt ist bereits absehbar, denn Mitbewerber Uniregistry teilt mit, im April seine TLDs abstoßen zu wollen und zwar einzeln per Auktion. Man wolle sich auf das Backend-System und IP-Consulting fokussieren. Kevin Murphy vom Fachblatt Domainincite hat die Startpreise für die 23 von Uniregistry gehaltenen TLDs auf knapp 17 Millionen US Dollar veranschlagt. Dazu gehören beispielsweise die TLDs .audio und .hiv.

"Der Markt folgt dem allgemeinen Internettrend 'size matters'," kommentiert Marcus Fauré, Chef des deutschen Registrars Global Village, das Geschehen. Die wenigen Großen würden durch Aufkäufe noch größer. "Kleine Anbieter sind auf Nischen angewiesen und wenn einer mal eine erfolgreiche Nische besetzt, wird er wahrscheinlich irgendwann aufgekauft", so Fauré. Er blickt dabei mit einer gewissen Sorge auf die Entwicklung der Preise. Die Preissteigerungen liefen mittlerweile aus dem Ruder, kritisiert er.

Nicht alle in der Branche sind so skeptisch. Werner Staub vom in Genf ansässigen Council of Registrars (CORE) erhofft sich, dass Ethos ein Gegengewicht zum Giganten VeriSign wird. Bislang habe letzterer zu viel Macht über den nichtstaatlichen Regulierer, die ICANN. Für Kathrin Ohlmer, Geschäftsführerin der Hauptstadtdomain .berlin und der Firma dotzon, ist das Ethos-Investment ein Indiz dafür, dass das Geschäft mit den Domains von Investoren wieder positiv beurteilt wird und viel Kapital dafür bereitsteht.

Entgegen dem Trend zur Konzentration startet in Deutschland aktuell eine Kleinst-Registry. Auf dem von einer fünfköpfigen Mannschaft entwickelten und von der ICANN zugelassenen Registry-System der Firma Lemarit laufen zum Start vorerst nur zwei Firmen-TLDs: .aco des Unternehmens ACO Severin Ahlmann und .gea der GEA Group. Das berichtet Lemarit-Gründer und Geschäftsführer Martin Küchenthal. Eine dritte TLD werde derzeit umgezogen und weitere, auch allgemeine TLDs, sollen folgen.

Küchenthal setzt darauf, dass hierzulande kleine und mittelständische Kunden den Riesenanbietern eine Registry mit direkten Ansprechpartnern vor Ort vorziehen. "Bei den Großen geht es um Volumina. Mittelständische Unternehmen sind da nur eine Nummer", sagt er. Zudem lockt die Lemarit mit DSGVO-Treue, ISO-27001-zertifizierten Rechenzentren in Deutschland sowie der Möglichkeit, eine eigene TLD selbst zu verwalten. Der überraschende Aufkauf von Afilias komme dem Start der Lemarit-Registry möglicherweise sogar zugute, spekuliert Küchenthal. Denn Afilias, mit ursprünglich auch irischem Sitz, sei für Kunden in Europa durchaus noch attraktiver gewesen als der jetzt vom Ethos Capital geschluckte US-Anbieter Donuts.

In Deutschland sei überdies neben dem Registry-Anbieter Knipp durchaus Platz für Konkurrenz, meint Küchenthal, nicht zuletzt mit Blick auf eine mögliche nächste Runde zur Einführung neuer TLDs im Jahr 2023 oder 2024.

(dz)