Europäischer Telekom-Riese geplant

Der spanische Telekom-Konzern Telefonica will angeblich mit dem niederländischen Marktführer KPN rasch fusionieren.

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Von
  • Hubert Kahl
  • dpa

Statt Zusammenarbeit Fusion: Der spanische Telekom-Konzern Telefonica will sich angeblich mit dem niederländischen Marktführer KPN rasch zusammenschließen. Bei einem Zusammenschluss entstünde das siebtgrößte Telekom-Unternehmen der Welt und das viertgrößte in Europa, hinter der Deutschen Telekom, British Telecom und France Telecom. Telefonica könnte eine Fusion bereits an diesem Donnerstag auf einer Sondersitzung des Vorstandes billigen, berichtete die Zeitung "La Vanguardia" am Mittwoch.

Der Grund für die Eile liegt anscheinend darin, dass beide Seiten fürchten, Rivalen aus anderen Staaten Europas oder den USA könnten einen oder beide Partner schlucken. Die Liste der potentiellen Bieter führt die Deutsche Telekom an, der Fusionsgespräche mit Telefonica nachgesagt werden, gefolgt von der France Telecom, die sich von KPN das deutsche Mobilfunkunternehmen E-Plus wegschnappen lassen musste. British Telecom und die beiden US-Unternehmen Bell Atlantic sowie SBC Communications sollen auch Interesse an einer Expansion auf den europäischen Kontinent haben und nicht zuletzt der japanische Mobilfunkriese NTT DoCoMo, der unlängst Gespräche mit KPN führte. Die Börsen in Madrid und Amsterdam nahmen die Gerüchte über die angeblich bevorstehende Fusion beinahe euphorisch auf, obwohl die Details noch längst nicht feststanden. Branchenexperten gingen davon aus, dass Telefonica und KPN sich vor allem im Bereich der Mobiltelefone gut ergänzen würden.

Nach Angaben der niederländischen Zeitung "de Volkskrant" übernähmen die Spanier, falls die noch laufenden Verhandlungen erfolgreich verliefen, 60 Prozent des neuen Telekom-Giganten, KPN 40 Prozent. Die Gespräche sind allem Anschein nach weit gediehen. Unklar sei noch, wie die Führung des Zusammenschlusses aufgeteilt werden soll, berichtet die "Financial Times". Danach will Telefonica-Präsident Juan Villalonga zwar die Niederländer an der Kontrolle beteiligen, aber selbst an der Spitze der Fusion stehen.

Ein Zusammenschluss wäre in Europa die erste grenzübergreifende Fusion von zwei früheren Monopolanbietern. Die Partner würden damit ihre Stellung auf dem Markt der Mobiltelefone und des Internets stärken. Zudem hätten sie mehr Macht, in den verschiedenen Staaten bei der Versteigerung der neuen UMTS-Mobilfunklizenzen mitzubieten. KPN würde daran partizipieren, dass Telefonica in Spanien im UMTS-Segment bereits vertreten ist. Obendrein, so meinen Fachleute, sei das Vorhaben auch eine "Versicherung" vor feindlichen Übernahmeversuchen.

Allerdings birgt eine Totalfusion auch eine Reihe von Problemen. Im Sektor der Festnetz-Telefone hätten beide Partner sich wenig Vorteile zu bieten, meint "El Mundo". Ein Zusammenschluss könnte sich daher möglicherweise auf den Sektor der Mobiltelefone beschränken. In Spanien scheint man auch nicht ganz glücklich darüber zu sein, dass bei einer Fusion der niederländische Staat der größte Aktionär des Gemeinschaftsunternehmens würde. Den Haag hält 43 Prozent der KPN-Anteile und käme bei einer Fusion auf 17 Prozent. Für viele Spanier hat Telefonica Symbolcharakter; denn der Telekom-Riese ist das größte Unternehmen des Landes.

In jedem Fall müsste ein Zusammenschluss nicht nur von der Regierung der Niederlande, sondern auch der spanischen Regierung gebilligt werden. In Spanien hat der Staat zwar praktisch alle Anteile am einstigen Staatskonzern Telefonica verkauft, aber er hat sich einen "golden share" vorbehalten. Danach verfügt Madrid bei allen strategischen Entscheidungen des Unternehmens über ein Veto-Recht. Telefonica und KPN kommen gemeinsam auf ein Börsenkapital von 290 Milliarden DM. Sie haben zusammen 46 Millionen Kunden im Festnetz- und 22,5 Millionen Kunden im Mobilsektor. (Hubert Kahl, dpa) (dz)