Excire: Selbstlernende Bildersuche für Fotografen

Eine Firma aus Lübeck hat eine Suchfunktion auf Basis neuronaler Netze entwickelt, die Objekte in Bildern automatisch erkennt. Erste Produkte sind ein Lightroom-Plug-in sowie ein SDK für Entwickler. Excire arbeitet lokal auf dem Rechner des Anwenders.

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Excire: Intelligente Bildersuche für Fotografen

(Bild: PRC)

Lesezeit: 4 Min.

Während sich die großen KI-Labore aus Übersee gerne in publikumswirksamen Mensch-Maschine-Wettbewerben üben, kommt von der deutschen Ostseeküste mal was Handfestes für Fotografen: eine Bildsuchmaschine namens Excire, die Objekte in Fotos sowie einander ähnliche Bilder automatisch erkennt.

Die auf neuronalen Netzen basierende Technik stammt von der Lübecker Pattern Recognition Company (PRC), die als Ausgründung der Universität Lübeck bereits seit zehn Jahren Mustererkennung betreibt. Erste Produkte zum Anfassen sind ein Lightroom-Plug-in für OS X sowie eine Online-Demo. Entwickler können ein SDK lizenzieren. Eine Windows-Version des Plug-ins soll bis zur Photokina fertig werden, versprach Firmengründer Erhardt Barth gegenüber heise online.

Die Suche arbeitet lokal, die eigenen Fotos werden also nicht auf einem Server des Herstellers analysiert, sondern auf dem Rechner des Anwenders. Momentan kennt das System hundert Suchbegriffe, es soll aber laut Barth nach und nach sinnvoll erweitert werden. Selbst trainieren kann man es nicht.

Selbstlernende Bildersuche für Lightroom (6 Bilder)

Das Excire-Lightroom-Plug-in beherrscht Stichwort- und Ähnlichkeitssuche.
(Bild: PRC)

Gegenstände wie Autos, Häuser und Bäume zu erkennen oder Frauen von Männern zu unterscheiden, hat Excire selbstständig anhand von Beispielen gelernt. Solche Verfahren bezeichnet man als maschinelles Lernen. Speziell in der Bilderkennung werden dafür so genannte tiefe Faltungsnetze (Deep Convolutional Neural Networks) eingesetzt, weshalb man dann von Deep Learning spricht.

Google hat vor vier Jahren mit einem Deep CNN die inhaltsbasierende Bildersuche revolutioniert und einen regelrechten Hype um die KI-Forschung ausgelöst. Dank ihrer auf Bildverarbeitung optimierten mehrschichtigen Architektur erwerben diese speziellen neuronalen Netze während Durchsicht tausender Beispielfotos die Fähigkeit, zunächst unspezifische Merkmale wie Texturen, Farbverteilungen und Kantenmuster aus einem Bild zu extrahieren und diese in höheren Schichten zu charakteristischen Merkmalen zu kombinieren – etwa Auge, Nase, Mund und Gesicht beim Betrachten von Personenfotos. Die übliche Fehlerrate solcher Netze liegt bei etwa 20 Prozent.

Das Excire-Lightroom-Modul bringt ein solches vortrainiertes Netz auf den Rechner des Nutzers. Bevor es sein Wissen in der lokalen Bildersammlung ausspielen kann, muss es diese analysieren. Dabei verarbeitet das Excire-Netz jedes einzelne Bild, extrahiert dessen charakteristische Merkmale und ordnet es bei hoher Übereinstimmung einer oder mehreren der zuvor gelernten Kategorien zu.

Excire hat sich eher allgemeine Begriffe wie Person, Mann, Frau, Kind, Baby, Stadt, Gebäude, Kirche, Baum oder Blume angeeignet, aber keine differenzierten wie Sonnenblume, Tulpe und Krokus. Beim Verfeinern der Suchergebnisse soll die Ähnlichkeitssuche helfen: Dabei wählt der Nutzer ein Motiv aus – etwa eine charakteristische Landschaft oder eben eine bestimmte Blume – und bekommt dann als Ergebnis sämtliche Bilder, die dem Beispiel ähnlich sehen.

Diese Ähnlichkeitssuche greift laut Barth auf Zwischenergebnisse aus Schichten des neuronalen Netzes zu. Expertenwissen über Flora und Fauna steckt da nicht drin, aber immerhin präsentierte uns Excire bei Vorlage einer zartlila Aster eine Auswahl ähnlich gefärbter Blumen mit feinen Blütenblättern.

Schafe erwiesen sich als perfekte Testobjekte, auch wenn sich die ein oder andere Ziege ins Ergebnis mogelte. Schwer definierbar schien unser Esel-Porträt, zu dem die Online-Demo so ziemlich alles vom Elch über den Hirsch bis zum Nashorn gesellte. Die Ergebnisse lassen sich weiter eingrenzen, indem man dominante Farben oder Bildeigenschaften wie hell, dunkel, schwarzweiß, bunt, kontrastreich et cetera vorgibt.

Um ein Qualitätsurteil zu fällen, genügt unser erster kurzer Test nicht. Aber Konzept und Umsetzung sind äußerst interessant, weil Excire nicht nur einfache Stichwortsuche anbietet, sondern den Fotografen dabei unterstützt, alle möglichen Bruchstücke seiner Erinnerung einfließen zu lassen – ohne zuvor akribisch Schlagwörter vergeben zu haben. Das Lightroom-Plug-in kostet knapp 60 Euro, eine 15-Tage-Testversion bekommt man gegen Angabe von Name und E-Mail-Adresse. (atr)