Expansion des Universums: "Simple Theorie" löst Diskrepanz bei Hubble-Konstante

Wenn es in der Nachbarschaft der Milchstraße etwas weniger dicht ist als im Rest des Kosmos, würde das nicht nur das Rätsel um die Hubble-Konstante lösen.

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Die Galaxie NGC 2683

(Bild: ESA/Hubble & NASA)

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Unser Universum ist möglicherweise offener und heißer als bislang angenommen, während wir uns in einer Art Blase befinden, in der die Dichte der Materie signifikant geringer ist. Das haben zwei Schweizer Physiker ermittelt und damit womöglich das Rätsel um die Diskrepanz bei der Hubble-Konstante gelöst.

Darüber hinaus würden ihre Berechnungen aber noch weitere Diskrepanzen auflösen, eine neue Physik sei nicht mehr nötig, erklärt die Universität Genf nun. Die stellt damit die jüngsten Argumente von Benjamin Bose und Lucas Lombriser zur Stützung ihres Modells vor, an dem sie bereits seit einer Weile arbeiten. Ihre Studie wurde im Fachmagazin Physical Review D veröffentlicht.

Die beiden Forscher erklären, dass ihr Modell nicht nur die Diskrepanz bei der Hubble-Konstante (H0) auflöst. Dabei handelt es sich um eine fundamentale Größe zum Verständnis des Universums. Sie gibt an, mit welcher Geschwindigkeit das Universum gegenwärtig expandiert, und zwar indem sie zusammenfasst, mit welcher Geschwindigkeit sich ein Objekt in einer Entfernung von einem Megaparsec (3,26 Millionen Lichtjahre) allein aufgrund der Expansion des Universums von uns entfernt. Zum Vergleich: Die Andromedagalaxie ist etwa 0,89 Megaparsec von uns entfernt. Messungen vergleichsweise naher Objekte im Universum liefern beständig einen Wert von etwa 74 km/sec/Mpc, während das Weltraumteleskop Planck über die Analyse des der kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB) ganze 9 Prozent weniger ermittelt hat (etwas über 67 km/sec/Mpc).

Schon im vergangenen Jahr hatte Lombriser als Lösung für das Rätsel vorgeschlagen, dass wir uns in einer Art gigantischer Blase befinden könnten, in der die Dichte geringer ist als im Durchschnitt des Universums. Weitere Analysen hätten das nun untermauert, erklärt er jetzt. So sei bislang eine feste Temperatur für die kosmische Hintergrundstrahlung angenommen worden, die aus jener Zeit (etwa 370.000 Jahre nach dem Urknall) stammt, als sich Licht im jungen Universum erstmals frei bewegen konnte. Wenn man dafür – sowie für die Krümmung des Universums – aber keine Annahme mache, eben weil hier gemessene Werte wegen dieser Blase vom kosmischen Durchschnitt abwichen, dann füge sich alles zusammen, versichern die beiden.

Sobald man diese beiden Annahmen aus den Gleichungen entferne, löst sich demnach nicht nur die Diskrepanz bei der Hubble-Konstante auf. Auch andere Ungereimtheiten der kosmologischen Forschung lassen sich auf diese Weise aufklären, schreiben Bose und Lombriser. Dabei handelt es sich demnach um Diskrepanzen zur mittleren Dichte des Universums, zu Temperaturunterschieden im Universum und zu den Wegen, die die kosmische Hintergrundstrahlung bis zu uns zurückgelegt hat. Das alles ergibt sich demnach, wenn die Dichte in unserer kosmischen Nachbarschaft (etwa 10 bis 100 Megaparsec) um rund 20 Prozent unter der mittleren des gesamten Universums liegt. Das falle völlig in die mögliche Spanne an Unterschieden.

(mho)