US-Senat stärkt die NSA

Die US-Senatoren haben Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) verlängert und um einen "Stasi-Paragrafen" für die NSA-Spionage erweitert.

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NSA Hauptquartier

Das Hauptquartier der NSA in Fort Meade (Maryland).

(Bild: Trevor Paglen)

Lesezeit: 3 Min.

Nach dem Repräsentantenhaus hat am Samstagmorgen kurz nach Mitternacht auch die zweite Kammer des US-Kongresses, der Senat, mit großer Mehrheit dafür gestimmt, den umstrittenen Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) um zwei weitere Jahre zu verlängern und in Teilen gehörig aufzubohren. 60 Senatoren waren für den entsprechenden "Reforming Intelligence and Securing America Act" (RISAA), 34 dagegen. Der damit verlängerte entscheidende Artikel des Gesetzes zur Überwachung im Rahmen der Auslandsaufklärung erlaubt es Sicherheitsbehörden wie der NSA und dem FBI, von nationalen Unternehmen, Ämtern und Einrichtungen wie Telekommunikationsanbietern oder Bibliotheken E-Mails und andere Daten ihrer Kunden ohne richterlichen Beschluss anzufordern.

Allein 2021 durchsuchte das FBI bis zu 3,4 Millionen Mal Daten auf Basis von "Section 702", um die Kommunikation auch von US-Bürgern zu inspizieren. Bei diesen Überwachungsmaßnahmen kommt es immer wieder zu Fehlern und Befugnisüberschreitungen. "Die Durchsuchungen richteten sich gegen amerikanische Demonstranten, Spender politischer Kampagnen und sogar gegen Personen, die dem FBI einfach Verbrechen gemeldet hatten", monierte Senator Ron Wyden von den Demokraten, der die Initiative zu Fall bringen wollte. Die Missbräuche seien "umfangreich und gut dokumentiert". Wyden brachte einen Änderungsantrag ein, um eine im Repräsentantenhaus hinzugefügte Klausel zu streichen, wonach künftig mehr Firmen Überwachungsanforderungen der Regierung nachkommen müssen. Sein Versuch scheiterte mit 34 zu 58 Stimmen.

Der Zusatz der Abgeordneten erweitert die Definition von "Anbietern elektronischer Kommunikationsservices". Diese bezieht sich nun auch auf Dienstleister, die lediglich Zugang zu Geräten wie Routern, Servern oder Funkanlagen vermitteln, auf denen Kommunikation gespeichert oder übertragen wird. Dies führt dazu, dass deutlich mehr Unternehmen künftig FISA-702-Ersuchen unterliegen könnten wie gewerbliche Vermieter, Cloud-Anbieter und Hoster. Whistleblower Edward Snowden beklagte vorab, mit diesem Schachzug sei die NSA kurz davor, "das Internet zu übernehmen". Die Rede war sogar von einem "Stasi-Paragrafen". Andererseits soll die Zahl der Zugriffsberechtigten von etwa 10.000 auf 550 Sicherheitsbeamte reduziert wird. Vorgesehen sind auch eine nachträgliche Prüfung aller Anfragen sowie verschärfte Sanktionen bei Missbrauch.

Der Druck auf die Senatoren, das Vorhaben nicht zu blockieren, war hoch. Streng genommen sollte das Spionageprogramm um Mitternacht auslaufen. Die Regierung hatte zwar zuvor erklärt, ihre Befugnis zum Sammeln von Geheimdienstinformationen bleibe noch mindestens ein weiteres Jahr funktionsfähig, da der zuständige Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC), dies bereits bewilligt habe. Das stelle aber keinen Ersatz für die Genehmigung durch den Kongress dar, hieß es weiter, insbesondere da betroffene Firmen die Zusammenarbeit mit den Behörden einstellen könnten. Der Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer von den Demokraten, zeigte sich daher erleichtert über die Zustimmung. Sein Parteikollege Wyden will trotz des Rückschlags nicht aufgeben, für eine echte Novelle des Überwachungsprogramms zu kämpfen. Doch er weiß: "Diejenigen von uns, die glauben, dass Freiheit und Sicherheit sich nicht ausschließen, haben viel zu tun." US-Präsident Joe Biden muss den RISAA noch unterzeichnen, was als Formsache gilt.

(nie)