FIfF: Der Fall des Geheimen ist der Fall des Politischen

Zwei Tage lang hat sich die Fiffkon mit der Rolle der Geheimdienste in der Informationsgesellschaft beschäftigt. Informatiker und Politiker überlegten gemeinsam, wie die bislang wirklungslose Kontrolle der Geheimdienste verbessert werden könnte.

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FIfF: Der Fall des Geheimen ist der Fall des Politischen

Hans-Jörg Kreowski eröffnet die Fiffkon

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die Fiffkon des FIfF und des CCC endete verhalten optimistisch. Der Fall des Geheimen – so das Motto der Jahrestagung – ist zwar noch weit davon entfernt, wirklich aufgeklärt zu sein. Noch fehlt es an einer fundierten Ökonomie der Kommunikationsüberwachung durch Geheimdienste. Auch die zumindest in Deutschland mögliche parlamentarische Kontrolle der Dienste ist unzureichend. Doch wenn Ende 2016 der Abschlussbericht des NSA-Untersuchungsausschuss geschrieben wird, könnte die Bundesregierung unter Druck gesetzt werden, die Arbeit der Dienste zu reformieren. Dass ausgerechnet der BND sich daran machen will, mit Hilfe von Exploits geschützte Verbindungen zu überwachen, wurde erst nach der Konferenz bekannt.

Zum Auftakt der Fiffkon lieferte der Münchener Staatsrechtler Matthias Bäcker einen Vortrag ab, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Er erklärte das Konstrukt von Geheimdienstmitarbeitern im NSA-Untersuchungsausschuss, bestimmte Menschen als Funktionsträger abseits der Grundrechte überwachen zu dürfen, schlicht für "großen Schwachsinn". Wolfgang Nešković empfahl, diesen Vortrag allen Mitgliedern des Bundestages dreimal täglich vorzuspielen, damit sie verstehen, wie Geheimdienste die Demokratie unterwandern.

In seinen Anmerkungen zur parlamentarischen Kontrolle der Dienste machte der Ex-Kontrolleur Nešković deutlich, dass diese unzureichend sei. Alle drei bis vier Wochen lassen sich die Abgeordneten der G10-Kommission über "Vorgänge von besonderer Bedeutung" unterrichten, wobei unklar ist, wer diese Einordnung vorgenommen hat. Zudem sind alle Aussagen der Geheimdienstler nicht strafbewehrt: Wenn sie lügen, können sie nicht belangt werden.

Ungleich positiver bewertete der junge Politiker Patrick Sensbug die parlamentarische Arbeit und besonders die des NSA-Untersuchungsausschusses, den er als Vorsitzender leitet. Der CDU-Politiker betonte mehrfach, dass er als direkt gewählter Abgeordneter den Druck aushalten kann, der von der Regierung ausgeht. Er selbst will diesen Druck retournieren, wenn der Abschlussbericht veröffentlicht wird: "Wir können mit ihm Anfang 2017 die Bundesregierung unter Druck setzen, in dem wir sagen, hier, liebe Regierung müsst ihr was ändern, sonst wird es ein Wahlkampfthema."

Ute Bernhardt, Hans-Christian Ströbele und Ingo Ruhmann

Vor Sensburg hatte der Grüne Christian Ströbele über seine Arbeit im Ausschuss gesprochen und trotz eingestandener IT-Unkenntnis Empfehlungen ausgesprochen. Für die sichere Mail sollte man Posteo benutzen und überdies den Lavabit-Gründer Ladar Levinson nach Deutschland holen, wo er gesetzlich besser geschützt sei, seinen Dienst zu entwickeln. Überhaupt sei es dringend notwenig, dass das von den Grünen eingebrachte Gesetz zum Schutz der Whistleblower realisiert werde.

Mitglieder des Chaos Computer Clubs bereicherten die Tagung mit grundsätzlicheren Überlegungen. Andy Müller-Maguhn bemängelte, dass zwar jede Menge Details über die verschiedenen NSA-Programme bekannt wurden. Doch fehle es bisher an einer echten Analyse, wie die NSA "Kundenaufträge" in technische Überwachungslösungen umsetze und wie erfolgreich ausgeführte Einsätze von den "Kunden" weiter verwendet würden. Ohne eine solche Ökonomie der TK-Überwachung sei eine Kritik an den Diensten zahnlos. Müller-Maguhn vermutete, dass in vielen Fällen das Ziel der Überwachung die Sammlung von "Kompromat" sei, damit Personen unterhalb der Schwelle einer direkten Erpressung "lenkbar" werden.

Frank Rieger beschäftigte sich mit der Frage, ob Kryptographie helfen kann, wie dies von Snowden postuliert worden war. Gegen die Massenüberwachung müsse die dramatische Massenanwendung von Verschlüsselung gesetzt werden. Problematisch sei aber, dass die Informatik wie die Softwareproduktion in keinem guten Zustand sei und die Aussischten ziemlich schlecht seien, dass bessere, sicherere Systeme programmiert würden. (anw)