Faeser-Buschmann-Plan: Mit Staatstrojanern gegen Geldautomatensprenger

Innen- und Justizministerium wollen mehr Ăśberwachung im Kampf gegen Geldautomatensprengungen. Der versuchte Erwerb von Sprengstoff soll kriminalisiert werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 210 Kommentare lesen
Gesprengte Geldautomat

Ein zerstörter Geldautomat

(Bild: heise online / mack)

Lesezeit: 4 Min.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihr Kollege im Justizressort, Marco Buschmann (FDP), haben am Samstag mitten in der parlamentarischen Sommerpause einen Referentenentwurf zur Novelle des Sprengstoffgesetzes vorgelegt. Ein Kernpunkt der Initiative: Der Polizei soll es erlaubt werden, Geldautomatensprenger mithilfe von Staatstrojanern zu jagen. Strafverfolger dürfen dem Plan zufolge zu diesem Zweck künftig auch verschlüsselte Nachrichten mitlesen, die etwa über Messenger wie WhatsApp, Signal oder Threema ausgetauscht werden. Zudem wollen die beiden Ressortchefs schon den Versuch des unerlaubten Erwerbens oder Anbietens explosionsgefährlicher Stoffe kriminalisieren.

Laut dem Entwurf sollen Geldautomatensprengungen mit Freiheitsstrafen von mindestens zwei Jahren, unter bestimmten Umständen sogar von mindestens fünf bis zu 15 Jahren geahndet werden können. Zudem will das Duo die Strafen für banden- und gewerbsmäßige Taten im Sprengstoffgesetz verschärfen. Entsprechende Aktivitäten könnten dann mit Knast von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden. Zugleich sollen solche Taten in den bereits breit angelegten Katalog aus Paragraf 100a Strafprozessordnung (StPO) aufgenommen werden. Dieser regelte ursprünglich das Abhören klassischer Telefonate oder den Zugriff auf E-Mails. Seit 2017 dürfen Ermittler damit aber auch in zahlreichen Fällen verschlüsselte Internet-Telefonate und Chats ausspionieren.

Der Gesetzgeber schuf damals eine Rechtsgrundlage für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ). Dabei geht es darum, die laufende Kommunikation direkt auf dem Endgerät eines Verdächtigen abzugreifen, bevor sie ver- oder nachdem sie entschlüsselt wurde. Gegen das Gesetz zum Einsatz von Staatstrojanern für die alltägliche Strafverfolgung sind Verfassungsbeschwerden anhängig. Buschmann will die Befugnis zum heimlichen Eingriff in IT-Systeme andererseits einschränken. Alltagskriminalität soll laut einem Referentenentwurf aus seinem Haus davon nicht berührt sein.

Die Ausweitung des Katalogs halten die beiden Regierungsvertreter für nötig, da in der Praxis "die Aufklärung von banden- und gewerbsmäßiger Sprengstoffkriminalität ohne das strafprozessuale Instrument der Telekommunikationsüberwachung in vielen Fällen aussichtslos oder wesentlich erschwert ist". Nach der kriminalistischen Erfahrung würden in diesem Bereich "weit überwiegend Telekommunikationsmittel zur Anbahnung und Durchführung strafbaren Handels mit explosionsgefährlichen Stoffen" – teils konspirativ – genutzt. Eine Aufklärung solcher Sachverhalte sei daher regelmäßig nur mithilfe verdeckter Maßnahmen möglich. Nur so ließen sich auch "die Kommunikationswege der Beteiligten" nachvollziehen.

Mit einem erweiterten Paragrafen 40 Sprengstoffgesetz zielen Faeser und Buschmann darauf, bereits den versuchten unerlaubten Erwerb explosionsgefährlicher Stoffe, den geplanten rechtswidrigen Umgang damit, "die versuchte unerlaubte Einfuhr, Durchfuhr oder das Verbringen sowie das unerlaubte Überlassen dieser Stoffe an Nichtberechtigte" strafbar zu machen. Dies betrifft laut Begründung etwa Fälle, "in denen die Ermittlungsbehörden Hinweise zu Personen erhalten, die sich in den sozialen Medien oder im Darknet" nach Möglichkeiten zum "Erwerb von Pyrotechnik und weiteren explosionsgefährlichen Stoffen" mit der Absicht erkundigten, damit Geldautomaten zu sprengen.

Mit der Klausel sollen sich Polizisten gegenüber Tätern als Verkäufer ausgeben dürfen. Der Einsatz solcher Methoden sei bei Internetermittlungen von hoher praktischer Relevanz, argumentieren Faeser und Buschmann. Sie verweisen darauf, dass bundesweit die Fälle von Geldautomatensprengungen allein von 2021 auf 2022 um 26,5 Prozent gestiegen seien und einen neuen Höchststand seit Beginn der Erhebungen 2005 erreicht hätten. Trotz der mit der Kreditwirtschaft vereinbarten Sicherungsmaßnahmen, die 2023 zu einem leichten Rückgang geführt hätten, blieben die Zahlen auf hohem Niveau. Diese hochgefährlichen Taten würden "ohne Rücksicht auf Gesundheit und Leben unbeteiligter Dritter und von Einsatzkräften begangen" und verursachten jährlich Schäden im dreistelligen Millionenbereich. Der Entwurf geht nun in die Konsultation mit Interessensvertretern und den anderen Ressorts.

(ur)