Familienministerin sieht "großen Schritt voran für den Jugendschutz"

Der einberufene "Runde Tisch" zum Jugendschutz war Ministeriumsangaben zufolge ein voller Erfolg. Man habe sich auf "konkrete Maßnahmen" verständigt. Doch die Formulierungen im Rechenschaftsbericht zeichnen ein anderes Bild.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat den gestern in Berlin abgehaltenen "Runden Tisch" als "großen Schritt voran für den Jugendschutz" bezeichnet. Ressortchefin Ursula von der Leyen hatte Politiker, Vertreter von Behörden, Jugendschutzverbänden, der Kirchen sowie der Wirtschaft (Einzelhandel, Tankstellen- und Videothekenbetreiber, Hotel- und Gaststättenverband) eingeladen, um über wirksame Maßnahmen zur Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen zu diskutieren.

"Wir müssen Abgabeverbote von Alkohol und Tabakwaren, aber auch von Bildträgern mit Filmen und Computerspielen sowie die Einhaltung der Zeit- und Altersgrenzen bei Gaststätten, Diskotheken und Kinos besser kontrollieren", ließ von der Leyen über ihr Ministerium erklären. "Die meisten Einzelhändler, Gewerbetreibenden und Veranstalter haben den Jugendschutz im Blick, doch es gibt immer noch zu viele, die Gesetze missachten oder umgehen, sie müssen wir packen". Der "Runde Tisch" habe sich deshalb bereits auf "konkrete Maßnahmen" verständigt.

Zu den konkreten Vereinbarungen gehört laut Ministerium beispielsweise, dass Bund, Länder und Gemeinden für die Einführung von Kassensystemen "werben", die "ein deutliches Signal geben, wenn jugendschutzrelevante Produkte erfasst werden". Das Personal würde dann von der Kasse aufgefordert, das Alter des Käufers zu überprüfen. Die anwesenden Wirtschaftsverbände hätten zugesagt, "wohlwollend zu überprüfen, in wie weit dies praktisch umzusetzen ist". Übersetzt heißt dies: Solange die Wirtschaft ein solches System aus welchen Gründen auch immer auf die lange Bank schiebt, passiert wenig.

"Begrüßt" wurde nach Angaben des Ministeriums der Vorschlag von der Leyens, "Videos, Computerspiele und Bildträger (DVD) künftig deutlicher mit einer klaren Alterskennzeichnung zu versehen, die auf den ersten Blick ins Auge fällt". Bund, Länder und Kommunen sowie Verbände sollen dafür sorgen, dass durch flächendeckende Verteilung von Info-Materialien die Kampagne "Jugendschutz: Wir halten uns daran!" breiter kommuniziert wird. Das Ministerium werde zudem gemeinsam mit den Verbänden Schulungsmaterial und ein Trainingsvideo zu Jugendschutzbestimmungen entwickeln.

Schwarze Schafe, die sich nicht an Jugendschutzbestimmungen halten, sollen künftig dadurch abgeschreckt werden, dass im Falle eines Gesetzesverstoßes Bußgelder verhängt werden können, die "empfindlich" hoch sind. Standen gestern noch "vierstellige Geldbußen" für den Verkauf von Tabak, Alkohol oder Gewaltvideos an Jugendliche im Raum, macht das Ministerium heute keine konkreten Angaben mehr zu möglichen Bußgeldsätzen. Hier sollen sich offenbar zunächst die Länder untereinander absprechen. Einig sind sich Länder und Kommunen aber bereits darüber, dass der Vollzug durch regelmäßige Schwerpunktkontrollen etwa in Gaststätten und Tankstellen "effizienter werden soll".

Die Ministerin hatte im Oktober den Entwurf eines neuen Jugendschutzgesetzes vorgelegt, der nach heftiger Kritik am geplanten Einsatz sogenannter "Kinderspitzel" zur Aufdeckung möglicher Gesetzesverstöße und am geplanten generellen Verbot von Computerspielen mit "besonders realistischen Gewaltdarstellungen" für Jugendliche aber wieder zurückgezogen wurde. Mit der Einberufung eines "Runden Tischs" sollte nicht zuletzt ein Konsens für einen neuen Gesetzentwurf zum Jugendschutz erzielt werden, den von der Leyen noch in diesem Jahr ins Kabinett einbringen will. (pmz)