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#FamilyAdminDay: Der Tag der IT-Bescherungshelfer - 2020-Videocall-Edition

Markus Will

(Bild: Ollyy / shutterstock.com - Bearbeitung: heise online / Markus Will)

Wir feiern wieder den #FamilyAdminDay - der Tag für die Nerds, die in der Familie die Technik flott halten. Im Jahr 2020 unter ganz besonderen Bedingungen.

“Alle Jahre wieder kommt der Familyadmin.“ Das stünde hier wohl sinngemäß in voller Überzeugung, wenn 2020 denn ein Jahr unter normalen Umständen gewesen wäre. Heute ist ja eigentlich der #FamilyAdminDay, an dem die Menschen gefeiert werden, die sonst vor Ort über das ganze Jahr die IT, oder Unterhaltungselektronik für ihre Liebsten fit halten.
Das merkwürdige Corona-Jahr hat aber auch hier tiefe Spuren hinterlassen.

Normal hätte das Weihnachtsfest für die meisten fleißigen Familyadmins der Saisonhöhepunkt bedeutet: Sie würden dabei als Bescherungshelferinnen und -helfer den Geräten der Technikgeneration 2020 unterm Weihnachtsbaum auf die Beine helfen. Danach dann in der Regel ein paar Tage Entspannung, bis das neue Jahr und die neue Aufgaben warten.

Doch diese Adventszeit ist völlig anders, wie auch das ganze Jahr schon. Die Merkwürdigkeiten begannen bereits im Frühjahr: Plötzlich, als die Kinder von zuhause aus schulisch bespaßt werden mussten, merkten doch manche Eltern, dass Lehrer:innen – wirklich – Arbeit verrichten. Und wer hätte denn ein Jahr vorher gedacht, dass die alten Kenntnisse aus dem Studium in deskriptiver Statistik zum Tragen kommen und man exponentielles Wachstum locker erklären kann? Machen wir uns nichts vor: Der Prof wäre stolz auf den Autor dieser Zeilen! Zumindest, wenn er sich nicht an die Klausuren erinnert und gern die alte Zeit verklärt.

Überhaupt Wissenschaft: Viele Teile der Bevölkerung lernten in diesem Jahr am viralen Beispiel, wie sie arbeitet und dass sie nicht den allgemein gültigen Stein der Weisen anbietet, sondern ein allen Phasen beständiger Lernprozess ist. Und genau wie der Familyadmin, der immer wieder vor neuen Varianten bekannter Probleme steht, lernt die Wissenschaft durch intensive Forschung und trial and error. Das Ergebnis lässt sich dabei vorher oft nur schlecht voraussagen.

Und es ist auch eine schmerzende Tatsache klar geworden: Nicht jeder, der mit Abschluss einen Hörsaal von innen gesehen und entsprechendes Mitteilungsbewusstsein hat, ist auch wirklich ein seriöser Gesprächspartner. Obwohl die es besser wissen müssten, argumentieren Manche nicht wissenschaftlich oder nur mit Halbwahrheiten. Die Frage, was manch eine These der "Querdenker" zudem mit "denken" zu tun hat, steht außerdem im Raum.

Glücklich schätzen muss man sich allerdings, dass diese Pandemie in der Form erst dieses Jahr aufgetreten ist. Die Digitalisierung konnte manches abfedern durch Homeoffice, Videocall und und Ähnliches. Apropos Videocall: Waren Videokonferenzen zuvor nur was für Nerds und IT-ler, geriet die Technik plötzlich in den allgemeinen Fokus, als Ersatz für persönliche Begegnungen. Diese atemberaubend schnelle Entwicklung macht auch Thomas nachdenklich, unseren Erzähler aus der ersten Geschichte. [1]

Wenigstens der heutige Abend wirkt wie immer: Ein bisschen Normalität in einem surrealen Jahr! Aufgrund der Pandemie haben wir weitgehend auf die großen Verwandtschaftsbesuche verzichtet. Auch wenn es schmerzt.
Heiligabend ist davon noch nicht so betroffen - den begehen wir meist besinnlich daheim. Wie auch dieses Jahr.
Nach dem Essen wurden die Geschenke ausgepackt. Meine bessere Hälfte Julia und ich haben uns gegenseitig Fitnessuhren geschenkt. Das bewegungsarme Homeoffice und dabei die unsoziale Nähe zum Knabbereienschrank hinterließen nämlich – zumindest bei mir – umfänglich(e) Spuren. Dagegen wollen wir was tun!

Lisa, unsere Große, bekam ihr erstes Smartphone. Das wollte ich ihr noch vor dem Fest einrichten und registrieren. “Nichts leichter als das,“, versprach mir das Prospekt im beruhigenden Erklärton, “ganz einfach, per Browser!“. Als Familyadmin hätte ich es besser wissen können, natürlich ging es NICHT ganz einfach per Browser. Nach einigen Mails und zwei Hotline-Anrufen, (nebst je 20 Minuten weihnachtlicher Warteschleifenmusik, die in Sachen Penetranz “Last Christmas“ in nichts nachstand) war auch dieses Problem gelöst. Weihnachten konnte kommen!

Die Drohne für Max, unseren Jüngsten, war da schon einfacher startklar zu machen. Einzig das Fliegen müssen wir noch üben. Die Katzen damit aus dem Zimmer zu jagen und den Weihnachtsbaum mit voll Karacho anzufliegen hat schon mal sehr gut geklappt; das Gerät zwischen halb rasierten Papier-Rentieren und erschrockenen Weihnachtsengeln wieder rauszubekommen, war dann schon schwieriger.

Was war das überhaupt für ein Jahr? Wer hätte das gedacht, dass die Diskussion um die Kassenbonpflicht Anfang des Jahres ein paar Monate später so obszön luxuriös wirkt? Und Niemand aus unser Familie hätte vor einem Jahr auch nur ansatzweise erwartet, dass wir dieses Weihnachten mit Oma Hilde via Videocall telefonieren!

Wir dachten ja letztes Jahr vorm Fest, wir seien auf alle Eventualitäten vorbereitet, als wir ihr einen DVD-Player mitsamt den Sissi-Filmen zum Fest schenkten. Es gab da im zuvor eine Situation. [2] Dann kam die Pandemie. Und zum Geburtstag schenkten wir ihr ein paar Monate später ein Tablet - damit wir optimal in Kontakt bleiben konnten. Davon mal abgesehen, dass sie an solchen Geräten manchmal ungewollt technische Features aktiviert, die zum Teil selbst mir noch unbekannt sind, kommt sie damit besser klar, als man mit ihren 75 Jahren unbedingt erwarten könnte. Hilde versuchte aber auch schon in beruflichen Zeiten, als sie noch als Sekretärin arbeitete, auf Höhe der Technik zu bleiben.

Wir schenkten ihr das gleiche Tablet wie unseres. Das hatte den Vorteil, dass wir sie am Telefon Schritt für Schritt in die Videotelefonie einführen konnten. Es hat ein wenig gedauert, aber es klappte irgendwann und die erste Verbindung stand!

Seitdem sind die Anrufe zu ein regelmäßiges Ritual. Und auch die Kinder sind Feuer und Flamme. Morgen beim Videocall wollen sie Oma was vorspielen. Max mit der Blockflöte, Lisa mit der Gitarre. Und sie haben fleißig geübt. Wenn auch der Enthusiasmus noch das Können überwiegt.

Beide freuten sich zuden riesig über Omas großes Paket. Liebevoll verpackte Sendungen werden wieder zu etwas Besonderem, insbesondere dann, in Zeiten, wenn große Versandhändler DVDs in Kartons reinwerfen, in denen noch gut und gerne eine ganze Schrankwand Platz hätte.

Für den Job des Familyadmins ist die Fernwartung das Zauberwort. Ich ließ in der Familie die Zoom-, Teams- und Co.-Zugangsdaten kreisen. IT-Probleme selbst lösen sich zudem komfortabel per Teamviewer oder Windows. Klar, nicht alle Ideen sind gut. Bei Onkel Werners alter Win98-Webcam – natürlich aus der Grabbelkiste im Keller gefischt – verweigerte selbst der Standard-Treiber konsequent die Zusammenarbeit. Zum Glück, denn bei dem Bild hätte wahrscheinlich jeder gedacht, der Real-Player sei wieder auferstanden. Werner hat sich dann doch eine neue Webcam gegönnt.

Knifflig wurde es, als mich mein Bruder Stefan per Anruf aus dem Bett klingelte: Er wundere sich, weil er seit Tagen keine Mail mehr erhalten habe, und das, obwohl das Postfach nicht voll sei. Ein Blick in die Einstellungen des Webmailers offenbarte eine erschreckende Entdeckung: Irgendjemand richtete ohne sein Wissen eine E-Mail-Weiterleitung zu einer unbekannten Adresse ein und griff somit illegal jede ankommende E-Mail ab. Schon war ich hellwach. Da war schließlich höchste Eisenbahn geboten!

Ich bat ihn, seinen Laptop vorbeizubringen und durchforschte derweil in seinem Auftrag das Postfach, um nach Registrierungen und Log-Ins zu suchen. Und er hatte Glück im Unglück: Der Täter hatte zwar einige Accounts übernommen, dabei aber nicht viel Schaden anrichten können. In zwei Game-Accounts gabs nichts zu holen, da keine Zahlungsdaten hinterlegt waren. Und eine Ebay-Auktion hatte der Kriminelle zwar mit einer hochpreisigen Drohne eingestellt, aber Ebay schien den Braten zu riechen und sperrte unmittelbar danach die Auktion, bevor sie Schaden anrichten konnte. Letztlich habe ich ihn für sein loses Passwort-Management ausgeschimpft, den Rechner neu aufgesetzt und allen mit der E-Mail verbundenen Accounts sichere Passwörter verpasst.

Insgesamt war es jedenfalls ein merkwürdiges, aber auch arbeitsintensives Jahr. Man musste eben auf Distanz gehen, um die lieben Menschen zu schützen. Dabei liegen die merkwürdigen Tage nach Heiligabend erst noch an. Anstatt quer durch die Republik zu fahren, wird es ein, zwei gemeinsame Videocalls geben.

Und sie werden noch einsamer als gewünscht. Mein Schwager Günther, der mich mit seinen Beratungsbedarf für seine IT-Projekte oft anrief, lebt nicht mehr. Wie sehr hat er mich mit seinen verrückten Ideen manchmal zur Weißglut gebracht! Und wie gern würde ich jetzt für ihn den nächsten 3D-Drucker, die Grafikkarte oder Raspi-Projekt installieren. Das wird nie mehr geschehen.
Die Pandemie ist grausam.

Auf jeden Fall freuen wir uns aber darauf, die vielen Gesichter wiederzusehen. Wir planen ein Pub-Quiz für die ganze Familie. Das funktionierte auf der Firmenweihnachtsfeier via Videokonferenz richtig klasse!

Durch einen Bildschirm getrennt zu sein ist zwar nicht das Gleiche wie eine echte Feier, aber es ist immerhin besser als nichts. Wie sagte Oma Hilde dazu so wunderbar pragmatisch in ihrem österreichischen Dialekt:
"Des Leben ist zu kurz für Schmafu! Man muss das Beste draus machen! Also macht was draus!"

Sie hat auch schon angekündigt, für die Zeit, wenn die Pandemie vorbei ist, alle einzuladen. Es gibt dann ihren herrlich duftenden Zwiebelkuchen. Und ich übernehme natürlich wieder die technische Betreuung. Für einen Familyadmin doch Ehrensache!

Wie für alle ist das Jahr 2020 ist auch für die Familyadmins eine Herausforderung. Es ist eine Zeit der gegenseitigen Rücksicht und des Wartens auf bessere Zeiten. Und so lange, wie es der Pandemieschutz erfordert, muss man eben die sozialen Kontakte beschränken. Ein Segen ist es dabei, dass der technische Fortschritt es ermöglicht, dabei dennoch einigermaßen in Kontakt bleiben und arbeiten zu können.

Alle Jahre wieder unser Tipp: Die Family-Admin-Urlaubsmitteilung: Einfach ausdrucken, ausfüllen und an die Meister des Supportbedarfs weiterreichen! An Windows 7 erkennt man, dass der Zettel schon ein Jahr alt ist. Das Thema ist aber in vielen Systemen noch aktuell!

(Bild: heise online / markus will)

So verrückt das Jahr auch gewesen ist, es gibt bestimmt die eine oder andere neue Anekdote, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, dazu beisteuern können. Schildern Sie uns einfach Ihre großen oder kleinen Geschichten, Eindrücke rund um das Thema entweder hier im Heiseforum [3] oder unter #FamilyAdminDay auf Facebook [4], Instagram [5] oder Twitter [6]. Was haben Sie so für schöne, skurrile, nervige Dinge als Familyadmin oder gar Admin wider Willen erlebt?

Ansonsten bleibt es uns Ihnen und Ihrer Familie zu wünschen [7], dass Sie das Weihnachtsfest würdig ausklingen lassen können, ein paar schöne ruhige Tage erleben, gut in das neue Jahr starten, unbedingt gesund bleiben und diese lähmende Pandemie irgendwann ein Ende findet.

Achten Sie auch auf die Menschen, die derzeit als medizinisches Personal oder in den Läden das Land am Laufen halten und die Hauptlast in diesen Zeiten (und nicht nur dann) tragen. Und achten Sie auf die Menschen, denen es nicht gut geht zu diesen einsamen und kräftezehrenden Zeiten. Ein Anruf, auch ohne Anlass, kann viel bewegen!

Und hoffen wir, dass wir Familyadmins bald endlich wieder vor Ort und wie gewohnt die großen und die kleinen Probleme lösen können. Herausforderungen wird es 2021 genug geben. (mawi [8])


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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/FamilyAdminDay-der-Tag-der-fleissigen-Technik-Bescherungshelfer-4257404.html
[2] https://www.heise.de/news/FamilyAdminDay-der-Tag-der-fleissigen-Technik-Bescherungshelfer-4257404.html
[3] https://www.heise.de/forum/heise-online/Kommentare/FamilyAdminDay-Der-Tag-der-IT-Bescherungshelfer-2020-Videocall-Edition/forum-464376/
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[7] https://www.heise.de/news/Allen-Leserinnen-und-Lesern-frohe-erholsame-und-besinnliche-Feiertage-4999501.html
[8] mailto:mawi@heise.de