Fast die Hälfte der Erdoberfläche von Lichtverschmutzung betroffen

Die Lichtverschmutzung auf der Welt nimmt zu. Um das Phänomen kontinuierlich messen zu können, fordert ein Forschungsteam bessere technische Mittel.

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Eemshaven in den Niederlanden

Vielerorts wird es aufgrund künstlichen Lichts nicht mehr richtig dunkel. Ein Problem für Mensch und Umwelt, warnen Forschende.

(Bild: Sander van der Werf/ Shutterstock.com)

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Fast die Hälfte der Erdoberfläche ist durch künstliche Beleuchtung von Lichtverschmutzung betroffen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des internationalen Forschungsteams "Nightwatch Consortium". Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mahnen, der Nachthimmel müsse für künftige Generationen bewahrt werden. Das allerdings erfordere mehr technischen Fortschritt.

Die Lichtverschmutzung habe zugenommen: Inzwischen lebten 80 Prozent der Gesamtbevölkerung unter einem lichtverschmutzten Himmel, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Das Team hat seine Ergebnisse im Rahmen eines Projektes der European Space Agency (ESA) in einem Artikel im Fachjournal "Nature Reviews Earth & Environment" veröffentlicht. Es warnt darin vor der wachsenden Belastung nächtlicher Ökosysteme.

Menschen und Tiere stünden unter dem Einfluss von Lichtverschmutzung. Beispielsweise beeinträchtige künstliches Licht das Wanderungs- und Fortpflanzungsverhalten von Tieren – "selbst bei den geringen Beleuchtungsstärken des diffusen Himmelslichts", schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Zugleich gebe es technologische Lücken bei der nächtlichen Erdbeobachtung, erklärt die an der Untersuchung beteiligte Technische Hochschule Brandenburg (THB) in einer Mitteilung.

"Die Forschung ergab, dass fast die Hälfte der Erdoberfläche durch künstliche Beleuchtung von Lichtverschmutzung betroffen ist, wobei die künstlichen Lichtquellen die natürliche Dunkelheit um bis zu mehrere Tausend Mal überstrahlen", sagt Andreas Jechow, Professor für Grundlagen der Augenoptik und der Optischen Gerätetechnik im Fachbereich Technik an der THB, demnach. "Diese Erkenntnisse beruhen auf Daten von Satellitenbildern und Sternenbeobachtungen, die einen jährlichen Anstieg der globalen Lichtemission von mindestens zwei Prozent und möglicherweise bis zu zehn Prozent ergaben."

Künstliches Licht verändere den Nachthimmel und nächtliche Ökosysteme in alarmierendem Tempo. "In städtischen Gebieten führen Lichtemissionen von Quellen wie Straßenlaternen zu einer Zenitstrahlung, die 40 Mal größer ist als die eines unverschmutzten Nachthimmels", beschreibt das Team in dem Artikel. Mehr als 50 Prozent des Lichts, das die Satelliten in der Nacht erfasst haben, kommen in nichtstädtischen Gebieten vor. Quellen dafür seien etwa Verkehrsnetze oder Ressourcengewinnung.

Um den Nachthimmel für künftige Generationen bewahren und nächtliche Ökosysteme schützen zu können, brauche es mehr technologischen Fortschritt auf dem Gebiet. Derzeit komme am häufigsten der Day-Night-Band-Sensor des VIIRS-Satelliten zum Einsatz. Dieser könne kein blaues Licht erkennen. Das sei jedoch entscheidend, um die Lichtverschmutzung bei Umstellung auf LED-Technologie zu bewerten. "Dies bedeutet, dass das wahre Ausmaß der Zunahme der Lichtverschmutzung mit Satellitendaten eher noch unterschätzt wird", sagt Jechow.

Außerdem könnten die derzeitigen Überwachungstechniken nur eine begrenzte Zahl an Messungen durchführen und es fehle an spektraler und räumlicher Auflösung. Für eine serienmäßige Analyse, um den Trend der Lichtverschmutzung zu verfolgen, brauche es diese aber.

Auch auf die Auswirkungen auf die Umwelt und finanzielle Folgen weist das Team hin: 20 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs und sechs Prozent der CO₂-Emissionen entstünden durch Innen- und Außenbeleuchtung. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen plädieren für eine operationelle Erdbeobachtungsmission für nächtliches Licht und vergleichen diesen Vorschlag mit dem Landsat- oder Sentinel-Programm.

Die Studie entstand unter der Leitung von Hector Linares Arroyo von der Stiftung Stars4All, unter Mitarbeit der THB und weiteren Forschenden aus Spanien, den USA, Kanada, den Niederlanden, Irland und Deutschland.

(are)